Freitag, 13. Juli 2012

Hunger: Was bisher geschah

Zur Erinnerung: Ich hatte ja beschlossen, mich im Juli vom Hartz IV-Regelsatz für Lebensmittel zu ernähren. Also von nicht mehr als € 130,-.

Erstens, um zu sehen WIE DAS IST. 

Zweitens, um zu sehen, ob das wirklich so wenig ist, wie es scheint. (Ist es.)

Drittens, weil man sozial schwachen Menschen gern unterstellt, sie wüssten einfach nicht, wie man sich richtig ernährt, und darum seien auch sie diejenigen, die an der angeblichen „Verfettung“  Deutschlands maßgeblich Schuld sind. Dieses wirft ja wiederum zwei Fragen auf:
a) ist es überhaupt möglich, einen erwachsenen Menschen mit einem monatlichen Budget von € 130,- „gesund“ (also frisch, abwechslungsreich und AUSREICHEND, denn sonst ist es erst recht nicht gesund) zu ernähren?
b) ist es gar möglich, einen Erwachsenen mit € 130,- pro Monat so mit Nahrung überzuversorgen, dass dieser  kontinuierlich zunimmt? Ganz nebenbei - dass Fast Food hier schwerlich die Wurzel des Übels sein kann, müsste jedem klar sein, der nicht vom Mars kommt - denn,  so oft man auch dicke Mitglieder des vermeintlichen Prekariats  mit einem Hamburger im Mund vorgeführt bekommt, für die ca. € 4,30, die einem Hartz IV-Empfänger pro Tag zur Verfügung stehen, bekäme man noch nicht einmal mehr die Pommes zum Whopper.

Wie läuft es nun bei mir?
 
Ich habe bisher € 99,60 für Nahrung ausgegeben. Morgen gehe ich mit Freundinnen essen. Damit könnte man das Experiment im Prinzip bereits für gescheitert erklären. Tue ich aber noch nicht – denn ich werde natürlich weiterhin testen, wie weit ich mit meinen Vorräten und dem restlichen Geld noch komme. Und wenn es nicht klappt, versuche ich es im August noch einmal.

Entgegen meiner Überzeugung habe im Zuge dieses Tests außerdem vor einer guten Woche die Waage abgestaubt und bestiegen. Und gestern noch einmal. Wäre das hier eine Diät, wäre sie erfolgreich: Ich habe bisher 2,5 kg abgenommen. Dafür knurrt mir jetzt aber auch regelmäßig der Magen bei der Arbeit – sehr zur Belustigung aller Anwesenden.

Was hat sich noch verändert?
  • Ich brauche viel länger beim Einkaufen.
  • Ich achte mehr als vorher auf Sonderangebote (vor allem bei Obst und Gemüse).
  • Ich kaufe weniger, bzw. fast gar keine Bio-Produkte mehr.
  • Ich plane genauer. Zwar war ich vorher auch schon ganz gut im Aufheben und Weiterverwerten von Resten und habe wenig weggeworfen, aber das hat sich jetzt natürlich noch erheblich verstärkt.
  • Ich kaufe bestimmte Dinge gar nicht mehr, weil sie zu teuer sind. Logisch: keine frische Pasta mehr, keine geliebten Kräuterseitlinge, Himbeeren  etc.
  • Ich kaufe eben gerade KEIN Fast Food mehr, und ebenfalls keine Tiefkühlgerichte – aus den oben erklärten Gründen. Ein vegetarischer Döner auf die Schnelle oder eine fertige Gemüsetasche vom Biobäcker wären gar nicht mehr drin.
  • Ich trinke Leitungswasser und nicht mehr das aus Flaschen.
  • Wenn der Reis anbrennt, kommt ein wenig Verzweiflung auf.
  • Ich "spare" mir Nahrung auf - "für später".
  • Ich verdünne das Salatdressing mit Wasser.
Was hat sich nicht geändert?
  • Ich gehe weiterhin selten zu Discountern.
  • Ich ernähre mich vegetarisch, bzw. mittlerweile weitgehend vegan.
  • Ich kaufe und esse Süßigkeiten.
NH