Sonntag, 11. Mai 2014

Pro Ana Haul

Mein Post über Pro Ana und die damit verbundene "Subkultur" ist nach wie vor der meistgelesene in der Geschichte dieses Blogs. Ich bin überzeugt, dass eine Viel- und vielleicht auch Mehrzahl derjenigen, die diesen Suchbegriff eingeben, dieses nicht tun, um sich schlicht zu informieren. Da hilft alles nichts: Anstiftung zur Anorexie ist in unserer Kultur nuneinmal weitaus beliebter als Fettakzeptanz. Ich weiß, ich habe es schon oft gesagt, aber man kann es ja gar nicht oft genug wiederholen - um herauszufinden, dass das die Wahrheit ist, braucht man einfach nur irgendeine beliebige Frauenzeitschrift aufzuschlagen.

Oder man geht in den Supermarkt.


Als ich bei real in der Schreibwarenabteilung vor dem Regal mit Produkten für Mädchen stand, weil mich eine Federtasche in Pink mit einer dicken, grauen Katze vorne drauf wie eine Schlafwandlerin herangewunken hatte (ja, ich bin 42, deswegen darf ich doch wohl trotzdem gucken, wenn etwas glitzert), lief es mir plötzlich eiskalt den Rücken runter. Es war ein veritables Déjà Vu. Ich brauchte nur ein Weilchen, um die Bilderwelt auf den Ordnern, Bleistiften, Notizbüchern und Kaffeebechern zuzuorden. Zuerst dachte ich: Wäre ich so um die 12 Jahre alt - ich würde mich um dieses Tagebuch reißen. Und irgendetwas im mir tut es sogar auch jetzt noch." Tatsächlich fiel mir erst auf dem Weg nach Hause ein, woher ich eine ähnliche Ästhetik kannte. Die dünnen, verhuschten Feen mit den weitaufgerissenen Augen. Die schwachen Ärmchen, die Flügel und die im Wind verkitschter Todessehnsucht wehenden Haare, der leere, generische Gesichtsausdruck. Und zwar kannte ich das alles von den Pro-Ana-Seiten im Internet, auf denen ich einst Recherche zum Thema betrieben hatte.

Wie passend auch, das Ganze auf ein verschließbares Tagebuch zu drucken, wo doch das Abschirmen gegen den Rest der Welt und das Konstruieren einer mystischen, traurig-pastelligen Geheimwelt ein integraler Bestand der Pro-Ana-Kultur sind und waren. 2007 habe ich gesagt, dass wir alle ein wenig "Ana" sind. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Sieben Jahre später sieht die eisige Märchenwelt der Pro-Anas noch immer gleich aus. Nur die Hersteller von Papier- und Geschenkartikeln scheinen irgendwie tatsächlich nachgezogen haben. Dabei ist nicht nur die Übereinstimmung der Motive und der Farbgebung bemerkenswert, sondern auch die bestimmter Schwerpunkte. Im Post von 2007 habe ich beschrieben, wie einige Merkmale von Magerkeit von besonders großer Bedeutung sind - so ist das Hervorstehen des Schlüsselbeins ein entscheidender Schönheitsstandard in der Welt von Pro Ana. Auf Kaffeebechern für junge Mädchen aber offenbar auch, siehe weiter unten.

Tagebuch von Top Model

Bilder von Pro-Ana-Seiten aus dem Netz
 
Tasse von Top Model
 
Frische Bilder von Pro-Ana-Seiten aus dem Netz - und ja, die sind da so kopflos. Auf Köpfe kommt es schließlich nicht an.
 
Da lobe ich mir alle Prinzessinnen, die noch genug Kraft haben, um einen Hasen und einen Malstift anzuheben, um ihre Krone selbst zu basteln. In meinem Buch stinkt Pink ja bekanntlich nicht. Und Kronen kann man nie genug haben...solange man sie mit der richtigen Einstellung trägt.
 

Voilà! ; )

NH

3 Kommentare:

  1. Ist aber schon merkwürdig, dass das eine als Essstörung gebranntmarkt wird, aber das andere unter "Akzeptanz" verstanden werden will.

    Ich habe gestern mal in einigen (englischen) Blogs, die sich mit Fettakzeptanz beschäftigen, gestöbert. Meine Fettpolster näher bringen konnte mir das nicht. Viel mehr wirkt es an vielen Stellen auf mich wie eine verbitterte Gruppe, die sich in die gemeinschaftliche Front rettet.

    Ich finde den Beitrag ehrlich gesagt etwas übertrieben - schmeckt ein bisschen nach Verfolgungswahn. Wir haben alle Schlüsselbeine und wenn wir mal ganz ehrlich sind, dann ist es auch normal, dass junge Mädchen durch die Wachstumsschübe auch mal dürr aussehen. Nicht alle, aber es ist auch nicht gut mit 12 Jahren schon zu dick zu sein, also wäre das auch kein besonders gutes Motiv..

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  2. @beswingtes Fräulein

    Also, die Bildwelten sind gleich. Punkt. Die Aufnahmekriterien für diese sind gleich: jung, weiblich, erheblich untergewichtig. Punkt.

    Jetzt könnte man sich natürlich fragen, was zuerst da war - das Huhn oder das Ei.

    Und selbstverständlich ist es immer eine Frage der Perspektive, ob man irgendwo ein Problem sieht.

    LG
    Nicola

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  3. Hm...ich guck mir die Bilder an und überlege, wie sie auf mich wirken. Die großköpfigen rosafarbenen Feen sprechen mich nicht an. Mag auch daran liegen, dass ich nie ein "Rosa-Mädchen/Frau" war. Die Bilder mit den hervorstehenden Schlüsselbeinen - naja, so seh ich auch aus und ich bin nicht Pro Ana. Ich meine sogar, dass man die Schlüsselbeine wohl bei den meisten Frauen sieht. Finde ich deshalb jetzt nicht problematisch. Deinen Ansatz verstehe ich natürlich. Die meisten Frauen wollen halt zarte Elfchen mit der Power eines Wrestlers sein;) Dilemma!

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