Sonntag, 1. Februar 2015

Follow me around 15: Them skinny bitches...


I'm bringing booty back -                                                                                                          go ahead and tell them skinny bitches that. (Meghan Trainor)



Dünnhäutig

Meghan Trainors "All about that bass" handelt davon, sich dem allgemeinen Schönheitsdiktat, dünn zu sein, nicht mehr zu beugen, und auf den eigenen Körper mit seinen Rundungen stolz zu sein. Und es war natürlich ein schmissiger Riesenhit. Der bemerkenswerteste Aspekt an der Erfolgsgeschichte von Trainors Liedchen ist aus meiner Sicht jedoch noch immer das, was im Internet verbreitet als "The skinny bitch backlash" bezeichnet wurde. Einige Frauen fühlten sich diffamiert durch die oben stehende Textzeile und durch die Beschreibung dünner Frauen als "stick-figure, silicone Barbie doll".

Argumentiert wurde, dass Trainor "skinny shaming" betreibe und dass das ganz genauso verwerflich sei, wie "fat shaming", was sie ja in ihrem Lied auch gerade kritisieren würde. Um glaubwürdig zu bleiben, dürfe sie das Pendel nicht plötzlich in die andere Richtung schubsen. Auch der im Text eingestreute Hinweis, dass die "Beleidigung" nicht ernst gemeint sei, also quasi vorsorglich als satirische Überspitzung erklärt wird, hat offenbar nicht ausgereicht, den Ärger vieler, die sich als "skinny bitch" angesprochen fühlen, zu verhindern oder zu mindern.

Was soll man ihnen bloß raten? Wie wäre es damit, "skinny bitch" in etwas Positives umzuwerten und es sich zu eigen machen? So, wie die Fettakzeptanzbewegung sich eigentlich negativ besetzte Begriffe wie "fat" bzw. "dick" zurückerorbert und ihnen eine neue, stärkende Bedeutung gibt. Schließlich gibt es ja auch längst Diätratgeber, die unter dem Titel "Skinny Bitch" zu Bestsellern geworden sind. Eigentlich will in unserer Kultur doch jede eine "Skinny Bitch" sein, oder? Eine selbstbestimmte, selbstbewusste Frau, die gängigen Schönheitsstandards entspricht und auch sonst alles unter Kontrolle hat? Sie ist ohnehin schon das Ideal. Sie muss sich mithin gar nichts erkämpfen.

Und da tut sich auch schon ganz genau das Problem auf, das ich mit den Anklägerinnen habe, die sich dazu verstiegen haben, gegen ein Lied zu protestieren, in dem sich jemand auf vergleichsweise milde Weise über sie lustig macht. Man kann jemanden nur sehr begrenzt damit beleidigen, zu sagen, dass er dem gängigen Schönheitsideal entspricht. Um genau zu sein, ist es eigentlich gar nicht möglich. So wie man jemanden nicht wirklich damit herabsetzen kann, ihm vorzuwerfen, er sei zu klug. Der Grund, warum es z.B. nicht akzeptabel ist, sich über Behinderte lustig zu machen, ist, dass sie noch immer gesellschaftlich in einer vergleichsweise schwachen Position sind und täglich gegen Diskriminierung, Benachteiligung und Vorurteile kämpfen müssen. Es ist problematisch, sich über Schwächere lustig zu machen. Es ist aber zulässig, sich über die lustig zu machen, die kulturelle und gesellschaftliche Wirklichkeit dominieren, also Macht haben. Würde man Satiriker fragen, ist es sogar unsere Pflicht, weil es ein Mittel gesellschaftlicher Weiterentwicklung ist, Macht und geltende Standards herauszufordern. Diesen Zusammenhang und die eigene, privilegierte Position darin zu erkennen, ist eine Denkleistung, die z.B. auch viele Männer nicht erbringen können, wenn sie sich über weiblichen Spott beklagen.

In den letzten zwei Jahren bin ich einer substantiellen Anzahl von Männern begegnet, die dachten, es schmeichelt mir, wenn sie sich negativ über schlanke Frauen äußern und mir versicherten, dass "so traurige Gerippe" sie nicht anmachen würden, weil eine "richtige Frau" nun einmal aussehen müsste wie ich. Mit dieser Art von Komplimenten macht man sich bei mir nicht beliebt. Weil ich es nicht lustig finde, Frauen gegen Frauen auszuspielen - basierend auf Äußerlichkeiten oder sonst irgendetwas. Und weil ich der festen Überzeugung bin, dass jeder Körper ein guter Körper ist, alle Körper gleich gut sind und jede Frau eine richtige Frau ist.

Oh, die Ironie!

Und dennoch - im Hinblick auf die Beschwerden über Meghan Trainor und ihren total unausgewogenen Song erlaube man mir den kurzen Verweiß darauf, dass öffentliche Verächtlichmachung sehr viel massiver und bösartiger Art etwas ist, was Dicke tagtäglich aushalten - weil ihnen nichts Anderes übrigbleibt, wenn sie nicht auf eine einsame Insel ziehen wollen...was sind wir Dicken doch für starke Biester, dass wir nicht immerzu und überall Flüsse aus eingeschnappten Krokodilstränen heulen. Man erlaube mir ein paar Sekunden erstaunter Genugtuung. Und ein amüsiertes Kopfschütteln.

Heimweh

Ich habe obendrein das Bedürfnis, meine Begeisterung über die Einkaufsmöglichkeiten im Internet zu teilen. Denn nach ziemlich vielen Jahren kann ich mich nun wieder von dem ernähren, wovon ich während meiner Studienzeit in den USA auch vorrangig und mit Vorliebe gelebt habe: New England Clam Chowder von Campbell's (Muschelsuppe) und Grape Nuts (ungesüßte Getreide-Cluster) mit Joghurt und altmodischen Golden Delicious.



Außerdem habe ich im British Shop in meiner Gegend alle Dosen Erbsensuppe mit Minze aufgekauft. Großartiges Zeug! : ) Und das Aufwärmen von Dosensuppen ist eine wirksame Strategie der Küchenchaosvermeidung.

Vielen Dank für die Blumen!


Und zu guter Letzt habe ich noch einen Blumentopf gewonnen. In den letzten drei Monaten war ich als Aushilfslehrerin an einer öffentlichen Gemeinschaftsschule beschäftigt. Und zur Verabschiedung wurde mir eine Pflanze überreicht. Eigentlich hätte ich bis zum Ende des Schuljahres, also bis zum Sommer dort arbeiten sollen, aber nun wurde der Vertrag doch nicht verlängert. Dass ich ab Montag keinen Job im öffentlichen Dienst mehr habe, habe ich gestern (Freitag) erfahren. Dabei geht es bei den Behörden noch knapper: Von meiner Einstellung erfuhr ich am Sonntagabend vor Arbeitsantritt. Die Tatsache, dass Lehrkräfte mitunter behandelt werden, wie Springer in Fast-Food-Ketten (was übrigens auch nicht akzeptabel ist), ist nur ein Aspekt des deutschen Schulsystems, der mich seit meinem Ausflug in eben dieses, erheblich beunruhigt. Fortsetzung folgt.

NH