Samstag, 14. Februar 2015

Follow me around 16: Im Eimer / Wochenendausgabe


Hätte ich den heutigen Tag gevlogt, hätte man Folgendes zu sehen bekommen:

Auf der Fahrt zum Tierfuttermarkt habe ich begonnen, vor mich hinzuweinen. Ich konnte einfach nicht mehr aufhören. Als ich auf den Parkplatz fuhr, bekam ich eine freundliche E-Mail von einem Bekannten, fing mich ein wenig, blickte kurz ins Leere, wischte mir im Gesicht herum und ging dann in den Laden. Dort kaufte ich ein rotes Stoffherz, gefüllt mit Baldiran, für Corbi und ausnahmsweise ein paar Dosen von dem gaaanz teuren Futter, das er (dummerweise) halt am liebsten mag, denn ich hatte einen Valentinstagsgutschein über 5 Euro. Ich stieg zurück ins Auto und wollte schlicht nicht nach hause. 

Also begab ich mich auf die Flucht und fuhr weiter zum nahen Hello Kitty Outlet Store. Wohin auch sonst? Und was kauft man da, wenn man eigentlich gar nichts kaufen darf? Erstens, weil das Geld sowieso knapp ist. Und zweitens, weil man mit sich selbst ein Abkommen geschlossen hat, im Februar nichts zu erwerben, was nicht wirklich notwendig oder essbar ist? Einen pinkfarbenen Eimer. Was auch sonst? Hey, er ist pink. Er ist aus glänzendem Plastik. Man kann Dinge hineintun. Lass mich in Ruhe, ok?

Und weil sie quasi gegenüber vom Outlet liegt, fuhr ich kurzerhand weiter zur örtlichen Edel-Variante eines Edeka-Marktes, nur um festzustellen, dass die bei ihrem Umbau die kleine Abteilung mit Lebensmitteln aus den USA aufgelöst haben und nun keine Reese's Peanut Butter Cups mehr führen. Und auch keine Macaroni and Cheese von Kraft. 

Der Laden war gerammelt voll. Und ich war automatisch voller Abscheu. Und plötzlich voller Neid. Nein, nicht auf die flusigen Eltern um ihr hässliches Kleinkind, das unzureichend beaufsichtigt den Familien-Einkaufswagen mal in diese Person oder jenes Regal rammte. Und beileibe auch nicht auf das erschütternde Schicksal der Frau des offenkundig welt-stoffeligsten Ehemannes, der immerzu ihr und anderen im Weg stand, bis sie sagte: "Du kannst ja schon mal das Leergut wegbringen." Er: "Wo ist denn das Leergut?" Sie: "Na, im Einkaufswagen!" Er: "Wo ist denn der Einkaufswagen?" 

Mir ist schon klar, dass ich ein Eingebundensein in diese spezifischen Lebenssysteme unter den öffentlich sichtbaren Umständen vermutlich keine fünf Minuten ertragen könnte. Aber das Eingebundensein an sich, das war es, worum ich alle beneidete, die nicht allein und mit einem Körbchen für eine Person am Arm ziellos durch die Gänge wanderten. So sehr, dass vermutlich grüne Lichtblitze aus meinen Augen schossen. Wenigstens für einen Moment. Zu irgendwem irgendwie zu gehören. Und sich über die Organisation des gemeinsamen Systems auseinanderzusetzen - irgendwie. Ich will das. Und ich weiß schlicht noch immer nicht, wie man es bekommt. 

Mit grummelnder Bitterkeit schlich ich für eine unangemessen lange Zeit um die überteuerte Salatbar und kaufte mir am Ende mein eigenes All-you-can-eat-Buffet zusammen, das ich bei meiner Heimkehr fast nicht in den Kühlschrank bekommen habe.

Zu guter Letzt landete ich in einem Geschäft, das Retouren des Impressionen Versandes verkauft. Und da stand ein Sofa. Mein Sofa. Mit einem grünen Polster auf der breiten Sitzfläche und geschwungenen Rück- und Seitenwänden aus feinem, altmodischen Flechtwerk. Ich wünschte, ich hätte ein Foto gemacht. Es sind ja immer alle ganz erstaunt, wenn sie erfahren, dass ich kein Sofa habe. Haben doch nun wirklich alle. Mit nem Tischchen davor. Und mit Blick auf einen Fernseher. Aber ich hatte noch nie eins. Nur drei Sessel. Zwei davon sind zerzauste Erbstücke. Und auf einen davon setzt man sich besser gar nicht. 

Ich habe natürlich im Augenblick gar kein Budget für ein Sofa. Und erst recht keinen Platz. Und auch niemanden, der mit mir darauf sitzt. Der Kater würde es vermutlich in wenigen Tagen in Fetzen reißen. Aber ich will jetzt das Sofa...

Mit all den vorgenannten Ereignissen als unspektakulärem Inhalt hätte sich mein Vlog nicht besonders von denen unterschieden, die bei YouTube täglich frisch und zu tausenden (wenn nicht mehr) zu bewundern sind. Inklusive der Heulerei im Auto übrigens. Nichts ist ungewöhnlich. Wenn man begreift, dass wir, zumindest im Kern unseres Wesens, alle gleich sind.


NH