Donnerstag, 7. September 2017

Follow me around 56: Unboxing


Mein inneres Kind und ich
Ich bin gestresst. Das ist zwar nichts Neues, aber während ich nicht so deprimiert bin, wie vor einigen Blogposts noch, so wächst mir doch meine schiere Selbstorganisation wieder und immer weiter über den Kopf. Wer hätte gedacht, dass eine fröhliche Beziehung so viel Zeit und auch Energie fordert... Dass ich zu diesem Post komme, liegt zumindest teilweise daran, dass Oliver seit Sonntag mit Schnupfen bei sich zu Hause im Bett liegt. (Mittlerweile kennen wir uns seit Weihnachten 2016 und planen nun unsere gemeinsame Weihnachtskarte für dieses Jahr - ja, ich weiß wir sind unausstehlich). Außerdem wohne ich streng genommen halt nicht mehr allein bei mir. Ein Mann mit Hund wohnt für mindestens die Hälfte der Woche hier und hat natürlich seine Sachen mitgebracht und im Bad, der Küche und im Schlafzimmer deponiert. Seine Dinge sind willkommen - dass hier kein Missverständnis entsteht. Trotzdem ist sein Alltagskram neuer Kram in einer Zone, in der der Kampf gegen den Kram seit Jahren (und davor seit Jahrzehnten) auf Hochtouren läuft. Seit meiner ersten Declutter-Challenge auf diesem Blog habe ich 2625 Gegenstände aussortiert. Ja, ich führe noch immer Buch, denn das motiviert mich. 2625 Dinge könnte man vielleicht für viel halten - bei der Masse meiner Dinge ist es das nicht. Merklich - ja. Komplett transformierend - nein. Ich wünschte, ich könnte Minimalismus. Aber das bin ich nicht.

Und alles liegt augenblicklich wieder im Argen: die Küche, die Wäsche, das Büro, das Blog, der Keller, der schon lange aufgeräumt werden sollte, die Kisten mit Dingen, die verkauft oder abgewickelt werden sollen. Routine fällt mit zwei Terminkalendern noch schwerer als ohnehin schon. Der Plan ist natürlich, nicht aufzugeben. Tatsächlich ist der Plan, aus den chaotischsten Baustellen in meinem Lebensraum Vlog-Projekte zu machen, weil mir selbst die Filme von anderen YouTuberinnen immer wieder so sehr dabei geholfen haben, mich aufzuraffen. Ich weiß, wem nicht ohnehin schon genug im Kopf herumschwirrt, der sucht sich eben noch ein paar hochfliegende Ideen...

Das innere Kind

Meine Therapeutin findet ja, ich sorge nicht gut genug für mich. Ich müsste viel mehr auf meine persönlichen Bedürfnisse hören, mehr Zeit für mich haben und vor allem mehr schlafen. Insgesamt ist sie der Ansicht, dass mein inneres Kind mehr Aufmerksamkeit, Zuwendung und Führung braucht. Und Yoga bräuchte es angeblich auch, aber mittlerweile weiß sie, dass ich hier ein hoffnungsloser Fall bin. Yoga kommt mir nicht ins Haus.
Dafür überfiel mich in der Spielzeugabteilung dann die Idee, dass ich eine sichtbare, symbolische Erinnerung im Regal gut gebrauchen könnte, um im Bereich Selbstfürsorge stetig besser zu werden. Göttin weiß, ich arbeite ja auch erst seit 5 Jahren daran. Aber Entschuldigungen, einen Drachen aus Plastik zu erwerben und in meine Behausung zu tragen, sind schwer zu finden. Also ergriff ich die Gelegenheit und kann nun verkünden, dass ich mich noch immer täglich über die Drachenmutter (ich) und ihr Junges (mein inneres Kind) freue, aber deshalb ganz bestimmt nicht einmal früher ins Bett gegangen bin.

Der Bademantel

Seit dem Tod meiner Mutter, bin ich im Besitz eines Kartons, in dem ich ihren hellgrünen Bademantel aus dem Krankenhaus ungewaschen aufhebe. Sie trug ihn dort bis zuletzt und ich habe sie ganz besonders schmerzlich in Erinnerung, wie sie mich in ihm zum letzten Mal auf eigenen Füßen zum Ausgang des UKEs brachte. Ich sah ihr hinterher, wie sie sich langsam und leicht gebeugt auf den Rückweg durch die Gänge machte und wie das Grün des Stoffes im abendlichen Sonnenlicht fast rosa schimmerte.

Vor ein paar Monaten fand ich, dass es Zeit wäre, ihn auszupacken und über seine Zukunft zu entscheiden. Ich hatte das Gefühl, jetzt müsse auch mal Schluss sein, mit der Trauer. Und insbesondere mit der Verknüpfung des Gefühls mit einem Gegenstand. Und wenn solch eine Verknüpfung schon notwendig ist, vielleicht würde dann auch der Gürtel des Mantels in einer viel kleineren Schachtel reichen.

Ich nahm ihn heraus, streichelte über die Blutflecken am Ärmel von den Infusionsnadeln, roch an ihm und roch nur Muff. Dann fing ich an zu weinen und Oliver, der mir gegenüber saß, fragte, warum der Mantel denn um alles in der Welt überhaupt unbedingt aussortiert werden müsste. Recht hatte er. Ich packte den Mantel in seinen Karton zurück und stellte ihn wieder ins Regal. Manche Dinge bleiben. Das ist eben auch ein Entscheidung. Und um Entscheidungen geht es bei der Selbstorganisation ja vor allem.


Memories (like the corners of my mind)

Das Bedürfnis, zu sammeln, zu archivieren und zu verwahren ist mir vererbt worden. Von meiner Mutter. Mit großer Sentimentalität und Akribie hing sie an den großen und kleinen Fundstücken des Lebens. Dabei kann man keiner von uns Unordnung vorwerfen. Alles wurde sorgfältig verpackt und zumeist auch beschriftet. Als ich vor ein paar Wochen zum Xten Mal meine Erinnerungsschublade durchgearbeitet habe, stieß ich auf die folgenden vielsagenden Schatzkästchen. Nr. 1 und 3 stammen von meiner Mutter, Nr. 2, 4 und 5 sind von mir. Wir sind, wie wir sind, weil wir sind, wie wir sind. ; )


Libellenflügel
Meine Milchzähne
Haizähne
Souvenirs, souvenirs...


NH