Dienstag, 30. Oktober 2012

HAPPY HALLOWEEN!


Und wenn wieder keiner an meiner Haustür klingelt, muss ich die Süßigkeiten allein essen. Dabei bereiten wir uns hier schon seit Tagen auf kommende Ereignisse vor. ; )

NH

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Hühnersuppe für die Seele

Mit Hühnersuppe wird alles besser (naja, außer für das Huhn ; )), das wissen die meisten von uns vermutlich zumindest noch aus unserer Kindheit. Eins meiner Lieblingsbücher war tatsächlich „Hühnersuppe mit Reis“ von Maurice Sendak. Heiße Hühnersuppe ist die wichtigste nicht so geheime Geheimwaffe gegen Erkältung, Magenschmerzen und Liebeskummer. Vermutlich wirkt sie gleich zweimal so gut, wenn man beim Kochen die Glühwein-Saison eröffnet. Aber dazu später mehr.

Am Anfang war das Huhn, das Michael für € 1,69 erworben hat (bei Netto City übrigens). Im Folgenden hat er sein Rezept für Hühnersuppe aufgeschrieben. Die Suppe reicht für 6 bis 8 Portionen, und die Zutaten haben insgesamt ca. € 5,- gekostet.

·        Man braucht 1 Knolle Sellerie, 3 große Möhren, 1 Stange Lauch, 1 Zitrone, Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Nudeln oder Reis und – natürlich - 1 Suppenhuhn. Mit diesen leckeren Zutaten kommt die Suppe komplett ohne Maggi, Suppenbrühe oder anderen Zusätze aus – sie ist also auch gesund! Überhaupt kann man die Vitamine in der frischen Suppe regelrecht schmecken! : )

·         2 Zwiebeln mit der Schale quer halbieren und in einem großen Topf in etwas Öl auf den Schnittflächen dunkelbraun anbraten

·         3 große Möhren schälen und quer halbieren

·         1 Stange Porree dritteln

·         die Sellerieknolle  schälen und achteln

·         1 Zitrone in Scheiben schneiden

·         vom Ingwer 3-4 Scheiben abschneiden

·         2 Knoblauchzehen schälen

·         das Suppenhuhn waschen

·         Möhren, Porree, 1/2 des Selleries, Zitrone, Ingwer, Knoblauch und das Huhn in den Topf geben und mit kaltem (!) Wasser auffüllen, bis alles bedeckt ist

·         2 EL Salz, reichlich Pfefferkörner, 1 TL Zucker, 4 Nelken, 1 Prise Zimt, 1 Lorbeerblatt, 4 Pimentkörner und 5 Wachholderbeeren dazugeben und alles zusammen einmal aufkochen (wer nicht alles im Hause hat nimmt nur was da ist und Salz, Zucker und Pfeffer)

·         Deckel drauf und auf kleinster Stufe 2 Stunden köcheln lassen. Danach durch ein feines Sieb in einen zweiten Topf gießen

·         das Gemüse braucht man zwar nicht mehr für die Suppe, kann es aber vielleicht anders noch verwerten

·         das Huhn tranchieren und das weiße Fleisch klein schneiden und in die Suppe geben

·         2 Möhren und den restlichen Sellerie klein würfeln und zur Suppe geben

·         alles aufkochen und Nudeln oder Reis je nach Garzeit in der Suppe mitkochen!

Für mehr Schwung bei der Arbeit und mehr Gemütlichkeit bei der Verkostung, hat Michael für sich und den Besuch den mitgebrachten Rotwein mit Zucker, Glühfix Gewürzmischung und den restlichen Zitronenscheiben in Glühwein verwandelt. Und um noch einmal auf die Geheimwaffe zurückzukommen – mit Suppe und Glühwein stärkt man laut Michael eben wirklich nicht nur die Abwehrkräfte, sondern auch das Gemüt: „Also genau das Richtige, um die letzten Tage des Hartz IV Projekts gesund und munter durchzustehen.“

NH

Montag, 22. Oktober 2012

Das Hartz IV Kochstudio - Halloween Edition


Also, Zuckerpudel hat mir jetzt schon angeboten, mir mit Kuchen-Care-Paketen unter die Arme zu greifen. Und ich war so ___ nah dran, das Angebot anzunehmen. Erstens macht sie tolle Kuchen und Kekse, und zweitens habe ich bis zum Ende des Oktobers nur noch € 4,21 für Lebensmittel übrig. Vom Gesamtbudget sind es noch € 33,57. Ich habe allerdings noch Vorräte, so dass ich die Kurve in den kommenden 9 Tagen doch noch kriegen könnte. Michael hatte am Freitag übrigens noch € 3,48 für Lebensmittel, aber dafür noch € 116,88 vom Gesamtbudget. Eben hatte er nur noch ca. € 25,- vom Gesamtbudget, aber nach dem Wochenende auch mehr zu erzählen, als ich.

Letzte Woche hatte er noch berichtet, dass er im Zuge unseres Experiments möglicherweise auch ein wenig abgenommen hat. Und dass er tatsächlich in den letzten Tagen regelmäßig hungrig war. Außerdem geht es ihm wie mir, was das Resteessen angeht: Wenn im Single-Haushalt mehrere Tage hintereinander immer wieder das selbe Essen aufgewärmt auf den Tisch kommt, kann man es irgendwann nicht mehr sehen und isst am Ende auch noch davon weniger, als da ist. Bei mir gab es heute zum vierten Mal seit letztem Dienstag Rosenkohl mit Kartoffeln (wenn ich da Michaels Rezept für Rosenkohl* schon gehabt hätte, wäre das sicher spannender gewesen, aber ich freue mich ja über jedes Gemüse). Während mir nun in meinem Umfeld regelmäßig nahegelegt wird, diese "Hartz IV Geschichte" doch ruhig noch ein wenig länger zu betreiben, wenn man "damit so schön abnehmen kann", ist es für Michael eigentlich nicht erstrebenswert, Gewicht zu verlieren, und ich fand erst, Experiment hin oder her, er sollte lieber wieder anfangen, normal zu essen. Aber er hat gesagt, ich brauche mir keine Sorgen zu machen. Und nun ist es ja auch nicht mehr lang, und wir planen schon das Festessen, wenn das Projekt beendet ist. 

Was ich jedoch, angeregt durch Kommentare von Leserinnen, auf jeden Fall noch einmal ausprobieren werde, ist „Urban Foraging“ – ich habe mir vorgenommen, mal nachsehen, wie es im Container unseres örtlichen Supermarktes mit abgelaufenen, aber eigentlich noch guten und essbaren Lebensmitteln aussieht. Ich habe schon in den Kommentaren gesagt, dass es da für mich eine nicht zu vernachlässigende Hemmschwelle gibt, und darum denke ich mir, ich werde es nicht gar so abenteuerlich gestalten und im Schutze der Nacht losziehen, sondern werde schlicht und ergreifend vorher eine offizielle Erlaubnis einholen. Und dann erzähle ich euch, was der Filialleiter für ein Gesicht gemacht hat ; ).

*
Rosenkohl in einzelne Blätter zerpflücken, die kleinen Kohlblätter in Salzwasser 30 Sekunden blanchieren, abschrecken und in einer Pfanne mit brauner Butter und Muskat schwenken. Hierzu passen normales Kartoffelpüree und Spiegelei

Weil Suppen vergleichsweise preiswert und nahrhaft sind, und wir uns natürlich außerdem im Monat des Kürbisses befinden, hat Michael mir verraten, wie er seine Kürbissuppe macht. Und er hat gleich noch ein paar weitere Ideen für eine bessere Grundsicherungs-Küche beigesteuert.

Rezept für Kürbissamtsuppe:

1 Zwiebel würfeln und in Olivenöl anbraten
1 Hokaidokürbis mit Schale würfeln und mitbraten
2 Kartoffeln schälen, würfeln und auch braten
1 Knolle Ingwer geschält und gerieben dazugeben
1 - 2 EL Currypulver mitdünsten
2 Liter Gemüsebrühe auffüllen
15 min kochen bis das Gemüse weich ist, dann pürieren und durch ein feines Sieb passieren
1 Becher Sahne und 1 Schuss Weißwein dazugeben, mit Salz und Pfeffer abschmecken
Garnieren mit gerösteten Kürbiskernen und Schmand


Möhren sind ja eine ganz gute Möglichkeit, für relativ wenig Geld an Vitamine zu kommen. Michael schlägt vor, sie auf folgende Weise zuzubereiten:

Möhren in feine Scheiben hobeln
1 Zwiebel fein würfeln und in Butter anschwitzen
Möhren mitdünsten
mit Salz, Pfeffer, Zucker und Rosmarinnadeln würzen
mit wenig Wasser und Sahne aufgießen und garziehen lassen - die Möhren sollten noch bissfest bleiben


Nudeln mit Käsesauce sind auch ein Klassiker aus der preiswerten Küche, aber so werden sie besonders gut:

1 Packung Gorgonzola und 1 Packung Schmelzäse in 1 Becher Sahne schmelzen - ist besonders lecker mit Gnocchi.

Oder Käsespätzle: Spätzle kochen, mit 1 Becher Schmand und 1 Packung Reibekäse mischen und im Ofen 20 Minuten backen, danach mit Röstzwiebeln bestreuen. Wenn man dazu noch einen kleinen Salat machen kann, ist das ein perfektes aber günstiges Abendessen.


NH

Dienstag, 16. Oktober 2012

Es wird eng



Und dabei war ich eigentlich stolz wie ein Esel, der Ascot gewinnt. Denn ich habe das Budget, insbesondere das für Nahrungsmittel, in diesem Monat noch nicht überschritten. Von den Hartz-IV-Empfängern zugestandenen € 128,46 sind noch € 36,82 übrig. Gut, der Monat ist erst halb rum, aber ich bin zuversichtlich. Wie von Michael angeregt, habe ich mich mit „Basics“ eingedeckt – Brot, Nudeln, Eier, Ketchup, Remoulade, Butter, billigem Käse, Tiefkühlspinat etc. Außerdem habe ich aufgelistet, was es bisher zum Abendessen gab:
4.10.12
Bratnudeln mit Ei und Gewürzgurke
5.10.12
Fried Cheese (gebratene Toastscheiben gefüllt mit Käse und Paprikastückchen) und Pommes
6.10.12
Spinat-Käsetaschen (tiefgefroren, aus Großpackung von Lidl) und eine halbe Salatgurke

7.10.12
Kartoffel- und Möhrenpüree mit Gewürzgurken
8.10.12
Kartoffel- und Möhrenpüree mit einem Omelette und Gewürzgurken
9.10.12
Spinat-Käsetaschen (siehe oben) mit Tomaten.
10. 10.12
Gebackener Fetakäse mit Tomaten, Paprika und Pommes (Tiefkühlkost)
11.10.12
Bratreis mit Ei und Erbsen (aus dem Glas)
12.10.12
Cheddar-Lauch-Pasteten von Ikea (Tiefkühlkost) und Tomatensalat
13.10.12
Toast und Tomaten überbacken mit Mozzarella und der restliche Bratreis
14.10.12
Nudeln mit Spinat-Frischkäse-Soße
15.10.12
Nudeln mit Spinat-Frischkäse-Soße

Mittags oder nachmittags gab es Butterbrote und/oder Suppe. Zum Frühstücken komme ich glücklicherweise gar nicht.
Wenn man mal von der Kürbissuppe in der ersten Woche absieht, macht sich der konsequente Verzicht auf frisches Gemüse in der Brieftasche diesmal absolut bemerkbar – und gleichzeitig kann ich eigentlich nicht sagen, dass mich Fett und Kohlenhydrate bisher nicht mit genug Energie versorgen würden – obwohl ich auch wieder geringfügig abgenommen habe. Allerdings sind Süßigkeiten, wenn ich sie nicht geschenkt bekomme (und ich bekomme VIEL ZU WENIG), eine absolute Ausnahme – hier kommt es dann in der Tat auch zu etwas, was ich als Mini-Heißhungerattacken beschreiben würde. Somit kann ich berichten, dass ich letztens an der Tankstelle höchstens 5 Sekunden gebraucht habe, um einen Mars-Riegel um die Ecke zu bringen.

Und was sagt Michael, als er meine Liste sieht: „Also wir müssen versuchen, die Speisepläne etwas fröhlicher zu gestalten. Das hört sich sonst doch zu eintönig und traurig an.“ Traurig!!! Er fand meine Ernährung traurig! ; ) Was aber nicht zuletzt damit zusammenhängen könnte, dass ich in den letzten zwei Wochen als Mauerblümchen jeden Abend beim Schein einer staubigen Glühbirne allein zu Haus gegessen habe, während er als Party Animal die Stadt regelmäßig rot anstreicht ; ). Das allerdings bringt ihn in diesem Monat auch in ganz neue Schwierigkeiten, die er vormals als preisbewusster Praktikant und frisch nach Hamburg gezogen noch nicht hatte: „Ich bin im Oktober auch schon einige Male und vor allem großzügig eingeladen worden. Das machen die Spender mal einen Monat mit - aber auf Dauer? Dann wären sie bald keine Freunde mehr. Und welcher Hartz-IV-Empfänger hat denn Freunde, die so viel Geld haben, nicht nur für sich, sondern auch für andere immerzu mitbezahlen zu können? Und trotz der Einladungen hatte ich auch Kosten. Am letzten Wochenende zum Beispiel: Freitag waren wir tibetanisch essen. Mein Essen und die Getränke habe ich selbst bezahlt. Danach wollte die Gruppe noch was trinken gehen. Was soll ich also machen? Allein nach Hause fahren? Nein! Also musste mich jemand einladen. Die zwei Apfelstrudel (Wodka, Zimt und naturtrüber Bio-Apfelsaft) kosteten 14 Euro. Ich habe mich mit einem Euro am Trinkgeld beteiligt. Am nächsten Tag waren die Kosten für meine Freunde noch höher. Ich habe ein kleines Richtfest in meiner Wohnung gegeben. Ich hatte aber nur noch Bier zu Hause, das meine Mitbewohnerin mal dagelassen hat. Also hat ein Freund Sekt mitgebracht. Hunger hatten die Gäste auch. Es wurde Pizza bestellt. Die Rechnung teilten sich zwei Leute (ich war nicht dabei). Von meiner Wohnung aus, sollte es zum Kiez gehen. Während meiner Praktikumszeit fuhr ich natürlich mit der Bahn. Wenn man sich aber erst mal ans Taxifahren gewöhnt hat, hat man natürlich keine Lust, sich für 45 Minuten in die zugige Bahn zu setzen. Also kam ein Taxi. Gezahlt hat wieder ein Freund. Dann musste ich aber natürlich doch auch mal etwas übernehmen und bezahlte den Eintritt für alle (für 4 Leute: 12 Euro). Getränke im Club gingen wieder auf die anderen (ich denke, das waren für mich so ca. 30 - 40 Euro). Dienstag wurde ich auch zum Essen eingeladen und habe für ca. 60 Euro gegessen und getrunken - wenn ich selbst gezahlt hätte, wäre das Budget schon an diesem einen Abend weg gewesen!“
Natürlich hat Michael nicht nur auswärts gegessen, aber glamouröser als meiner war sein Speiseplan in den letzten Tagen auf jeden Fall:
Freitag: kurz gebratener Thunfisch Teriyaki mit frischem Gemüse (Restaurant)
Samstag: Pizza Bombay von Joey‘s
Sonntag: Rührei, Vollkornbrot mit Heringssalat, Miracoli
Montag: Ciabatta mit Käse und Pute, Miracoli
Dienstag: Bagel mit Frischkäse, halbes Brötchen mit Fleischsalat, Einladung zum Essen (Pimientos de Padrón, Datteln im Speck, Chorizo in Weißwein, Kalbsleber mit Portwein, frittierte Sardellen, gemischter Käse)
Mittwoch: 1 Scheibe Vollkornbrot mit Teewurst, 2 Cheeseburger, überbackener Toast mit Käse und Thunfisch
Donnerstag: 1 Scheibe Vollkornbrot mit Teewurst, Currywurst mit Brötchen, getrüffeltes Kartoffel-Steinpilzpüree, Rosmarin-Möhrengemüse und Spiegelei
Freitag: 1 Scheibe Vollkornbrot mit Teewurst, Linseneintopf mit Würstchen und Ruccolasalat, griechischer Nudelauflauf mit Hack, Zucchini, selbstgemachtem Zaziki und Baguette
Samstag: Schnittchen mit Serano, Zaziki, Frischkäse, Schinkenwurst, abends Rindergulasch mit Rotkohl und Kartoffelklößen
Sonntag: Einladung zum Brunch, abends Gnocchi mit Steinpilzen, getrockneten Tomaten, Speck, frischen Kräutern und mit Käse überbacken
Montag: Scheibe Brot mit Teewurst, abends Gulasch, gebratene Knödel und Rotkohl, 1 Long Island Ice Tea (Happy Hour)
Obwohl Michael zur Monatsmitte noch über € 175,30 des Gesamtbudgets verfügt, ist sein Zwischenfazit, dass es offenbar besonders schwierig ist, mit dem Hartz-IV-Regelsatz auszukommen, „wenn man sich erst einmal an einen gewissen Standard gewöhnt hat und nicht irgendwann auf sein soziales Umfeld verzichten möchte.“ Obwohl er das Budget im Oktober sicher nicht überschreiten wird (bei mir bin da noch nicht so sicher), glaubt er nicht, dass das Experiment dann auch tatsächlich die reale Situation eines Hartz-IV-Empfängers wiederspiegelt. Freunde, die einen einladen, weil es sich um eine Ausnahmesituation handelt, Vorräte, die noch in der Speisekammer und in der Tiefkühltruhe zur Verfügung stehen – all das sei „im normalen Hartz-IV-Leben und auf unbestimmte Zeit ja gar nicht umsetzbar!“

Recht hat er. Unzureichende und eintönige Ernährung ist eine Sache – am kulturellen und gesellschaftlichen Leben keinen Anteil mehr zu haben, ist eine andere. Vermutlich ist es sogar der schwerwiegendere und destruktivere Effekt eines Lebens mit Hatz IV. Wenn das Budget für Bildung nicht einmal mehr für die Eintrittskarte ins Museum reicht. Oder der Betrag für Gaststättendienstleistungen nicht genug ist für zwei Stück Geburtstagskuchen mit Kaffee.
Trotzdem müssen Michael und ich nun erst einmal aus den gewonnenen Einsichten und Eindrücken herausschälen, WAS wir in der zweiten Hälfte aus unserem Experiment tatsächlich lernen können – außer der Tatsache, dass man vielleicht doch so gerade über die Runden kommen kann. Zumindest einen Monat lang. Und in meinem Fall mit viel vorangegangener Übung. Gedacht hatten wir uns, das Ganze könnte regelrecht so eine Art "Heilfasten" werden, in dessen Verlauf wir auf das stoßen, was wirklich wichtig ist. Dafür, so scheint es, war das Experiment in den letzten zwei Wochen für uns beide doch ein wenig zu stressig. Und was wir wirklich festgestellt zu haben scheinen, ist, dass Geld verdammt wichtig ist.

NH

Sonntag, 7. Oktober 2012

Die Septemberausgabe


Es war Juni, als die "Health Initiative" der VOGUE Chefredakteurinnen weltweit vorgestellt wurde. Zugegeben - es war mir immer unklar, WER im Zuge der schwammigen Aktion WIE gesünder werden sollte, aber die in den Medien gängige Lesart war, dass VOGUE sich in Zukunft bemühen würde, ein realistischeres und damit gesünderes Körperbild zu transportieren. Sprich, so ziemlich alle dachten, die Tatsache, dass die Redaktionen in Zukunft nicht mehr WISSENTLICH mit essgestörten Models arbeiten wollten, würde automatisch dazu führen, dass die abgebildeten Frauen/Mädchen fortan auch mehr auf den Rippen haben. Von mir hätten gleich alle erfahren können, dass das nichts wird. Aber mich hat mal wieder keiner gefragt.

Die "September Issue" ist anzeigentechnisch die wichtigste und damit auch die dickste Ausgabe des Jahres. Insbesondere in den USA hat sie Kultstatus und hat in diesem Jahr gut 900 Seiten. Und ich dachte mir, es ist nun auch an der Zeit, in den Magazinen selbst nach den Zeichen positiver Veränderungen als Resultat der "Health Initiative" Ausschau zu halten, und diese dann zu dokumentieren.......tja...

Ich bin VOGUE-Leserin seit ich 16 bin, und natürlich weiß ich heute, dass das höchstwahrscheinlich ein nicht zu vernachlässigender Teil meines Problems ist. Das Schönheitsideal der VOGUE war immer unrealistischer, gnadenloser und DÜNNER, als das aller anderen Frauenmagazine. Und daran, so scheint es beim Durchblättern der deutschen, französischen und US-amerikanischen Septemberausgabe, wird sich auch nichts ändern. Zwei "dicke" Frauen (deren Kleidergröße vermutlich größer als 44 ist) habe ich auf den insgesamt 1675 Seiten gefunden. Die eine war Queen Latifah (US), die andere Toni Morrison (Frankreich).

Im April hatte ich mich bereits gefragt, ob wir nicht alle ein bisschen "Pro ana" sind, ob unsere Gesellschaft im Hinblick auf Körpergewicht und gängige Schönheitsideale, sowie den Zwang, diesen zu entsprechen, sich nicht im Grunde verhält, wie eine eingeschworene Gruppe essgestörter Teenager, die sich unablässig gegenseitig darin bestärken, noch härter an sich zu arbeiten, um eines Tages wahrhaft perfekt (dünn) zu werden. Eines der Argumente war, dass "Thinspos" (Sammlungen von Darstellungen sehr dünner Frauen, die zur Motivation dienen, stark zu bleiben und nicht zu essen), die einen wesentlichen Teil der Pro-Ana-Kultur darstellen, im Prinzip in jedem Modeblatt zu finden sind. Wir alle werden täglich mit "Thinspos" motiviert, ja nicht so zu bleiben, wie wir sind.

Health Initiative hin oder her - als Thinspo dient jede VOGUE noch immer hervorragend. Untergewichtige Mädchen so weit das Auge reicht. Ich hatte ja bei meiner letzten Thinspo mit aus Frauenzeitschriften entnommenen Abbildungen (der Schwerpunkt liegt wie vormals auf besonders dünnen Beinen und hervorstehenden Schlüsselbeinen, sowie bemerkenswert schmalen Taillen) schon ein wenig "subversives Fett" eingebaut. Was die VOGUE nicht kann, kann ich schon lange, und so habe ich diesmal bei meiner speziellen "September Issue Thinspiration" noch ein paar mehr dicke Damen eingeschleust.

Wer nun gezielt nach ihnen Ausschau hält, und ganz im Geiste der Sesamstraße herausfindet, welches Ding anders ist, als die anderen, kann etwas gewinnen. Ich weiß noch nicht was, weil ich das mit dem Preis eben erst beschlossen habe, aber es wird etwas Schönes geben (Buch oder DVD).Wer mitmachen will, muss mir nur bis einschließlich Freitag die richtige Zahl der Bilder mit vergleichsweise runden Frauen in der Thinspo mailen* und kommt wieder in den Verlosungshut. Ich melde mich dann bei den GewinnerInnen, um die Adresse zu erfahren.

*office(at)nicola-hinz.com

NH
 

Samstag, 6. Oktober 2012

THE UGLY GIRL PROJECT: Geisterpublikum / Ghost Audience


© Nicola Hinz 2012

Dieses Bild habe ich auf der Kamera gefunden. Ich erinnere mich nicht, es gemacht zu haben und ich weiß auch nicht, wen oder was es zeigt. Es ist das letzte in der Reihe der Bilder, die ich auf der Documenta 13 gemacht habe.

Die erste spontane Geschichte, die mir in den Kopf kam war: Das ist das, was das Bild an der Wand sieht, wenn es aus sich herausschaut.

Und dann fiel mir ein: Das ist auch das, was das dicke, hässliche Mädchen sieht, wenn es versucht, sich durch die Welt und einen Nebel aus Scham zu bewegen - möglichst ohne allzu tiefe Spuren in der Erinnerung von anderen zu hinterlassen. Da ist ein angenommenes Publikum, aber es verschwimmt, weil man es eilig hat und sich nicht traut, ihm in die Augen zu sehen. Die Annahme ist auch, dass gestarrt wird. Man weiß nicht wirklich, was in den Zuschauern vorgeht, aber man nimmt an, dass man dem Publikum (dem wahren und dem im Kopf) nicht wirklich trauen kann. So ist man ist immer auf der Hut. Das ist vermutlich etwas, das alle Mitglieder gesellschaftlicher Gruppen, die regelmäßig Diskriminierung erfahren, zumindest zeitweise gemeinsam haben.

NH

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Kassensturz

Und NOCH EINMAL zur Erinnerung (eigentlich kann es ja auch gar nicht oft genug gesagt werden: Alleinstehende, die von Hartz IV leben, verfügen für die Bereiche Nahrung, Bekleidung, Wohnungseinrichtung, Gesundheitspflege, Freizeit, Bildung, Unterbringung oder Restaurants sowie Sonstiges über ein Gesamtbudget von € 276,83*. Michael, mein „Sparcoach“, und ich haben im September nicht  wirklich sonderlich sparsam gelebt, aber über unsere Ausgaben in diesen Abteilungen genau Buch geführt, um einen Eindruck zu bekommen, wie groß die Einschnitte im Oktober sein müssen, um auf einen grünen Zweig zu kommen.

Als jemand, der bisher nicht genau wusste, was sie so im Laufe eines Monats ausgibt, kann ich mir da nur die Haare raufen. Meine Ausgaben für Nahrung lagen wieder bei € 274,24 (der Hartz-IV-Satz beträgt € 128,46), für Gesundheitspflege waren es € 133,41 (€ 15,55 hätten es sein dürfen) und für Freizeit/Unterhaltung € 117,42 (also ebenfalls weit entfernt von den eigentlich zugestandenen € 39,96). Es gab nur eine Kategorie, in der ich den Regelsatz nicht mit gesprengt habe: In die Einrichtung meiner Wohnung habe ich € 25,50 investiert. Also tatsächlich € 1,91 weniger, als ich mit Hartz IV gedurft hätte.
Michael, der Gewohnheitssparfuchs, hat zwar nur € 90,66 für Nahrungsmittel ausgegeben, aber so Kleingkeiten wie etwa der Besuch des Oktoberfests haben seine Rechnung für Freizeitgestaltung und Gaststättendienstleistungen auf insgesamt € 485,23 ansteigen lassen (im Oktober sind wie gesagt nur € 39,96 für Freizeit und € 7,60 für Gaststättendienstleistungen erlaubt). Die Maß Bier kostet auf der Wiesn in diesem Jahr immerhin € 9,40, ein halbes Hendl € 9,90. Und während Michael in München mit ein paar Freunden seinen Geburtstag feierte, war ich für vier Tage in London (lasst uns nicht über Hotelpreise reden), so dass wir beide den September mit einem erheblichen Defizit beendet haben.

Nun aber hat der Oktober begonnen, und damit die heiße Phase unseres Experiments, denn im Oktober dürfen die Regelsätze nicht überschritten werden. Michael hat mich zur Inspiration schon einmal mit einer Liste mit preiswerten Gerichten versorgt: Reibekuchen, Nudeln mit Spinat-Käse-Sauce, gebackene Kartoffeln mit Quark, Pfannkuchen, überbackener Toast, etc. Außerdem empfiehlt er, immer eine Grundausrüstung aus Brot, Eiern, preiswertem Käseaufschnitt, Frischkäse, Nudeln, Kartoffeln und Marmelade oder Nutella für den Heißhunger auf Süßes im Haus zu haben (bei diesen Basisprodukten können auch Großpackungen eine gute Idee sein). Beim Einkaufen selbst ist Disziplin der Schlüssel zum Erfolg: Man sollte sich nie hungrig oder ohne Einkaufsliste in den Supermarkt aufmachen, denn das geht garantiert daneben.
 
Bei meinem ersten Einkauf im Oktober habe ich mich natürlich an all das schon wieder gar nicht gehalten. Aber ich wollte einfach unbedingt MEINE Kürbissuppe machen, denn das tue ich jedes Jahr. Der Unterschied ist, dass ich sie normalerweise weitgehend an andere Leute verfüttere. Diesmal kriegt keiner was ab, und es ist meine Hoffnung, dass sie für sieben bis acht Mahlzeiten reicht. Insgesamt habe ich € 13,59 für die Zutaten ausgegeben, das wären also optimistisch gerechnet € 1,70 pro Portion. Ich weiß, Eigenlob und so…aber wo Halloween fast vor der Tür steht, behaupte ich jetzt einfach, dass der Herr Myers für diese Suppe töten würde ; ). Hier ist das Rezept:

Soupy Scream Queen Surprise

Zutaten:
1,5 kg Hokkaido Kürbis, 500 g Lauch, 6 große Kartoffeln, 3 große Möhren, ca. 300 g gelbe Zucchini, 1 rote Paprika,  1 große rote Zwiebel, 1 Becher (Soja-)Sahne, 1 Peperoni (ohne Innenleben), 1 Bund Petersilie, 6 EL Olivenöl, Gewürze (Salz, Pfeffer, Zucker, Curry, Paprika, Knoblauch), 250 ml Rotwein

Alle Zutaten würfeln (bis auf die Petersilie), nach und nach kurz andünsten (zuerst Zwiebeln und Lauch, zuletzt Möhren und Kürbis) und dann mit Wein und Wasser (je nach gewünschter Konsistenz) auffüllen, würzen und ca. 30 Minuten köcheln lassen. Anschließend ganz kurz mit einem Mixstab durchgehen (ich persönlich habe es lieber „chunky“ statt cremig), Sahne hinzufügen, abschmecken, anrichten und die gehackte Petersilie darüber streuen.

NH