Mein Arzt sagte: "Sie haben es nicht nur Schwarz sondern sogar Rot auf Weiß." Und: "Natürlich müssen wir alle drei Monate Ihre Werte messen." Und außerdem: "Und dann werden wir Sie auch jedes Mal wiegen." Bildete ich mir den drohenden Unterton nur ein? Tatsächlich hatte er kurz vorher doch wirklich das Wort "Diät" in den Mund genommen. Dabei macht das heute ja so leicht keiner mehr, weil wir schließlich inzwischen doch alle wissen, dass Diäten nicht wirklich gesund sind. Im weiteren Verlauf redete er dann auch immer nur noch von einer "Veränderung des Lebensstils". Ich saß zunächst schweigend da und dachte jedes Mal bei mir:"Fuck you."
Nicht, dass ich meinen Hausarzt nicht leiden kann, sonst wäre ich ja nicht seine Patientin. Und bisher hatte er sich alles Dahingehende verkniffen. Er hatte nie etwas über mein Gewicht gesagt. Das muss man ihm lassen. Jetzt allerdings wirkte er wie jemand, der nur auf eine Wendung dieser Art gewartet hatte. Was zeigt, dass auch er vermutlich einen Generalverdacht gegen Dicke hegt. Und ich kann mir natürlich ganz genau vorstellen, wie er sich meinen "Lebensstil" so ausmalt. Er hält mich für faul und gefräßig - sagen wir es doch einfach, wie es (höchst wahrscheinlich) auch ist. Dabei kann ich ihm natürlich ganz genau sagen, was mein Lebensstil bis vor ungefähr zwei Jahren war: Diäten und prekäres Essen. Und das macht bekanntlich zuverlässiger dick, als alle Torten der Welt. Besonders, wenn man früh genug damit anfängt. Als er mir dann eine Ernährungsberatung angedeihen lassen wollte, konnte ich irgendwie nur noch müde schnauben. Und lehnte dankend ab. Je nachdem, wie sich unsere Zusammenarbeit im Hinblick auf meine Zuckererkrankung entwickelt, könnte sich hier also irgendwann noch die Notwendigkeit für ein deutliches Grundsatzgespräch ergeben. Aber gestern war nicht der Zeitpunkt dafür.
Hinterher dachte ich, dass es ein etwas vorschneller Entschluss war, die Ernährungsberatung nicht in Anspruch zu nehmen - schließlich könnte diese eine unschätzbare Quelle für Satire sein. Auch zu spät fiel mir ein, dass ich mich ja aus Recherchezwecken eigentlich über die Möglichkeit eines Magenbandes oder -bypasses erkundigen wollte. Aber jetzt, wo ich meinen Doktor schließlich auf seinen Wunsch regelmäßig besuchen werde, kann ich auf beides natürlich später/bald noch einmal zurückkommen.
Oh, die Ironie.
Nun mache ich also wieder Diät. Ich "ändere meinen Lebensstil" von intuitivem Essen zu fettarm und low carb. 5 kg sind schon runter. Wie Abnehmen geht, wissen wir dicken Mädchen schließlich ganz genau. Auch wenn unterbeleuchtete Idioten noch immer gern das Gegenteil vermuten. Niemand hat mehr Ernährungsbücher gelesen und mehr Selbstversuche hinter sich gebracht, als wir. Bei einigen von uns ist es ein Wunder, dass wir all das, was wir uns im Rennen um die Bikini-Figur im Laufe der Jahre/Jahrzehnte angetan haben, überlebt haben. Dabei hätten wir uns immer nur einfach einen Bikini anziehen und an den Strand gehen sollen.
Na schön, ich habe es bereits gesagt: Diabetes ist die große Ausnahme und der Notfall. Ein Teil des Fettes muss weg. Und das gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem ich beginne, meinen dicken Körper so wie er jetzt ist, so richtig zu mögen. Gerade jetzt, wo ich gar nicht mehr vorhatte, ihn zu ändern (außer etwas fitter zu werden). Eigentlich ist es echt zum Heulen, wenn ich an all die Jahre denke, in denen ich genau diesen Körper, den ich jetzt gern behalten würde, hatte - und ihn rund um die Uhr nur gehasst und bekämpft habe. Und jetzt muss ich ihn im Grunde wieder so behandeln, als würde ich ihn hassen. Ha, ich kann's ja kaum erwarten, bis mal wieder die ersten Komplimente kommen: "Oh, hast du abgenommen?"
Mist. Verdammter.
NH
Nicht, dass ich meinen Hausarzt nicht leiden kann, sonst wäre ich ja nicht seine Patientin. Und bisher hatte er sich alles Dahingehende verkniffen. Er hatte nie etwas über mein Gewicht gesagt. Das muss man ihm lassen. Jetzt allerdings wirkte er wie jemand, der nur auf eine Wendung dieser Art gewartet hatte. Was zeigt, dass auch er vermutlich einen Generalverdacht gegen Dicke hegt. Und ich kann mir natürlich ganz genau vorstellen, wie er sich meinen "Lebensstil" so ausmalt. Er hält mich für faul und gefräßig - sagen wir es doch einfach, wie es (höchst wahrscheinlich) auch ist. Dabei kann ich ihm natürlich ganz genau sagen, was mein Lebensstil bis vor ungefähr zwei Jahren war: Diäten und prekäres Essen. Und das macht bekanntlich zuverlässiger dick, als alle Torten der Welt. Besonders, wenn man früh genug damit anfängt. Als er mir dann eine Ernährungsberatung angedeihen lassen wollte, konnte ich irgendwie nur noch müde schnauben. Und lehnte dankend ab. Je nachdem, wie sich unsere Zusammenarbeit im Hinblick auf meine Zuckererkrankung entwickelt, könnte sich hier also irgendwann noch die Notwendigkeit für ein deutliches Grundsatzgespräch ergeben. Aber gestern war nicht der Zeitpunkt dafür.
Hinterher dachte ich, dass es ein etwas vorschneller Entschluss war, die Ernährungsberatung nicht in Anspruch zu nehmen - schließlich könnte diese eine unschätzbare Quelle für Satire sein. Auch zu spät fiel mir ein, dass ich mich ja aus Recherchezwecken eigentlich über die Möglichkeit eines Magenbandes oder -bypasses erkundigen wollte. Aber jetzt, wo ich meinen Doktor schließlich auf seinen Wunsch regelmäßig besuchen werde, kann ich auf beides natürlich später/bald noch einmal zurückkommen.
Oh, die Ironie.
Nun mache ich also wieder Diät. Ich "ändere meinen Lebensstil" von intuitivem Essen zu fettarm und low carb. 5 kg sind schon runter. Wie Abnehmen geht, wissen wir dicken Mädchen schließlich ganz genau. Auch wenn unterbeleuchtete Idioten noch immer gern das Gegenteil vermuten. Niemand hat mehr Ernährungsbücher gelesen und mehr Selbstversuche hinter sich gebracht, als wir. Bei einigen von uns ist es ein Wunder, dass wir all das, was wir uns im Rennen um die Bikini-Figur im Laufe der Jahre/Jahrzehnte angetan haben, überlebt haben. Dabei hätten wir uns immer nur einfach einen Bikini anziehen und an den Strand gehen sollen.
Na schön, ich habe es bereits gesagt: Diabetes ist die große Ausnahme und der Notfall. Ein Teil des Fettes muss weg. Und das gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem ich beginne, meinen dicken Körper so wie er jetzt ist, so richtig zu mögen. Gerade jetzt, wo ich gar nicht mehr vorhatte, ihn zu ändern (außer etwas fitter zu werden). Eigentlich ist es echt zum Heulen, wenn ich an all die Jahre denke, in denen ich genau diesen Körper, den ich jetzt gern behalten würde, hatte - und ihn rund um die Uhr nur gehasst und bekämpft habe. Und jetzt muss ich ihn im Grunde wieder so behandeln, als würde ich ihn hassen. Ha, ich kann's ja kaum erwarten, bis mal wieder die ersten Komplimente kommen: "Oh, hast du abgenommen?"
Mist. Verdammter.
NH