Sonntag, 12. April 2015

Heim und Welt


Damals wie heute: In ihren Träumen. ; )

Anleitung zur Entwicklung einer Essstörung von 1964 (mit einem Schuss frühzeitlicher und bis heute beliebter  "Schlacken"-Esoterik) - endlich zum dünnen Wunschkörper mit Abführmitteln!

Das Archiv meines Vaters ist nun, über zwanzig Jahre nach seinem Tod, aussortiert und ausgedünnt auf sieben Ordner (ohne seine Briefe und Postkarten an mich). Erst vor ein paar Wochen habe ich festgestellt, dass ich tatsächlich Erbin eines gesamten Jahrgangs der Frauenzeitschrift "Heim und Welt" bin, was daran liegt, dass mein Vater als junger Journalist zwischen 1963 und 1964 für das Blatt gearbeitet hat.

Erst vor ein paar Tagen habe ich dann begonnen zu erahnen, was für ein Reichtum sich da auftut im Hinblick auf die Geschichte der Sozialisierung von Frauen. Jedes Blatt ist eine Schatzkiste an Kuriositäten - hoch amüsant und haarsträubend zugleich. Allerdings wird einem natürlich auch voller Wucht mal wieder klar, wie verdammt rau und unverblümt der öffentliche Ton damals (schon) war, wenn es darum ging, Frauen zu ermahnen, ja nicht aus dem Rahmen zu fallen (weder körperlich noch was ihr Verhalten betraf). Was heute die Unnachgiebigkeit von Photoshop ist, war damals eine mitunter noch ganz besonders spitze Feder: So musste die Callas ihre Schönheit "opfern" und sich in eine fette Monströsität verwandeln, um überhaupt noch richtig singen zu können...schier zum Kotzen so ein grauenhaftes Schicksal...




























































Zu trauen war einem weiblichen Körper bekanntlich noch nie. Zuzutrauen war ihm hingegen natürlich schon immer alles. Und Frauen, die ihn ins Arbeitsleben und womöglich gar auf die Karriereleiter zwangen, konnten dann auch ganz schnell erleben, was sie davon hatten. Das schweißtreibende Vorhaben, es Männern beruflich gleichzutun, führte zunächst einmal hierzu: Gestank. Verheerend, denn wenn Männer nun Frauen schon hören mussten - riechen wollten sie sie bitteschön nicht auch noch.

Bemerkenswert auch der "Rat der Woche" oben rechts. Da war wohl eher die "Ratte der Woche" am Werk, um den Geschlechtsgenossinnen was einzureden.

Wobei ich Ratten ja eigentlich mag...

Ratte der Woche: Lächeln ist entwicklungsgeschichtlich eine Unterwerfungsgeste!

Man kann drüber lächeln oder entsetzt sein. Aber sollte ich jemals vorgehabt haben, eines Tages doch noch eine "bezaubernde" Frau (also, jetzt nicht wie in "Hexe") zu werden, so kann ich den Plan nun endlich und mit großer Gewissheit verwerfen. Denn ich lächle ja grundsätzlich nur sehr widerwillig ohne Grund. Mein Leben, von der Kindheit in den Siebzigern bis heute, hat mich mithin immer wieder gelehrt, dass das bei einem weiblichen Menschen zumeist gar nicht gut ankommt. Ich sage es noch einmal: Wenn ich einen Groschen hätte für jede Ermahnung doch mal zu lächeln, über die Jahrzehnte hinweg unermüdlich verteilt von Fotografen, Lehrern, Männern, etc., hätte ich ihn schon längst, meinen apfelgrünen Porsche...Und auch in den Sechzigern wäre ich pausenlos unangenehm aufgefallen - und hätte ein Vermögen machen können:

Und auch hier: verschärftes Dicken-Bashing. 

Um aber noch einmal zum väterlichen Archiv im Allgemeinen zurückzukommen - was hat mein Vater wohl in der Pressemappe der Second Allied Tactical Air Force verwahrt? Richtig...Kunst. Um genau zu sein das Werk einer feministischen Avantgardistin. "Blattfrau mit Muschelaugen" von Nicola Hinz, vier Jahre alt. ; )

NH