Freitag, 1. Juli 2016

Follow me around 49: Baustellen


Gustav geht es gut.


Frau Behr, ihres Zeichens Tierarzthelferin, Pferdebesitzerin und Vermittlerin von Gustavs neuem Zuhause hatte ja gesagt, dass ich mich in ca. einer Woche melden solle, um zu erfahren, ob Gustav in der neuen Umgebung zurecht kommt. 

Ja, eine Woche ist der tränenreiche Abschied nun schon wieder her. Aber ich weine gelegentlich noch immer ein wenig vor mich hin und hatte von gestern auf heute eine unruhige Nacht, weil mich zunehmend gruselige Fragen und horrende Befürchtungen plagten: Was, wenn irgendetwas schief gegangen ist? Was, wenn es ihm da nicht gefällt? Was, wenn er weggelaufen ist?...Um 9:30 Uhr stand ich heute auf der Matte, bzw. am Empfang der Praxis. 

Frau Behr, die Liebe, rannte gerade von einem Behandlungszimmer zum nächsten, winkte, rief, sie habe jetzt leider gar keine Zeit, aber Gustav gehe es sehr gut, und alles habe sich ganz wunderbar eingespielt. Dann hob sie beide Daumen, um sicherzustellen, dass ich die gehörten Informationen auch ganz sicher richtig einordnen konnte, und ich wischte mir imaginären Schweiß von der Stirn und rief: "Vielen, vielen Dank!"

Puh, das scheint geschafft.

881 Dinge weniger.


Bis jetzt. Und eigentlich wären es mehr, wenn ich nicht manchmal Gruppen von Gegenständen als nur einen Posten vermerken würde. Aber ich arbeite mich auch noch immer und immer weiter vor. Und ich blase das, was in dieser Organisationsphase vor ein paar Wochen als "30 Day Decluttering Challenge" begann, erst ab, wenn ich hier fertig bin. Mit allem. An diesem Wochenende ist vielleicht die Küche dran. Oder zumindest ein Teil von ihr. Auch da gibt es Schubladen, über dessen Inhalt ich nichts mehr weiß, weil ich seit dem Umzug vor sechs Jahren nicht wirklich hineingesehen habe. 

Oh, leere Oberflächen! Nach einem Leben voller Kampf gegen die Übermacht der Dinge, sehe ich jetzt endlich Land. Irgendwann erreicht man den Punkt, da will man nur noch Platz (da!), Ordnung und reibungslose Alltagsabläufe - auch im Kleinsten. Besonders, weil ohnehin kaum jemals etwas leicht zu sein scheint, und ich nun wirklich keine Energie mehr zu verkleckern habe. 

Die Wirkung wird täglich deutlicher. Weniger Kram führt zu mehr Ordnung, Ordnung zu Vereinfachung, Vereinfachung zu weniger Stress, weniger Stress zu mehr Freude, Klarheit und Zeit. Und zumindest Klarheit und Zeit meine ich tatsächlich schon fühlbar etwas mehr zu haben - das mit der Freude kommt vielleicht, wenn ich erst einmal die Abstellkammer zum Xten Mal bezwungen habe.

Tonnen - in Worten: TONNEN von Modeschmuck habe ich unlängst aussortiert. Dabei bin ich nach der Konmari-Methode vorgegangen. Man nimmt jedes Teil aus einer bestimmten Kategorie in die Hand und fragt sich, ob es "Freude in einem entfacht". Nur Dinge, die das tun, können bleiben. Für Modeschmuck eignet sich die Methode gut, weil man den ja niemals wirklich braucht - während man aber z.B. den Dosenöffner sehr wohl braucht, obwohl ich den trotzdem nicht besonders leiden kann. Eigentlich habe ich eine regelrechte Abneigung gegen ihn, wenn ich es recht bedenke...

Anders als zu früheren, reicheren Zeiten werde ich mich in naher Zukunft daran machen, den Schmuck zu fotografieren und Ohrring für Ohrring bei Ebay zu verscherbeln. Ich bin bekanntlich alt und brauche das Geld - und dieser Tage nun ganz besonders, denn:

Der Computer ist hin.


Ja, der Albtraum wurde wahr. Und ich bin selbst am erstauntesten, dass ich das offenbar überlebt habe. Der Bildschirm wurde einfach schwarz, das heftige Schnaufen der Lüftung verstummte, aber die Maschine ging nicht aus. Als ich sie dann ausstellte, um sie neu zu starten, was ja vorher noch immer geklappt hatte, machte es auch nicht mehr ärgerlich "Ping", sondern seufzte nur noch leise und resigniert mit schwachem Stimmchen... Das war das letzte, was ich von ihr gehört habe. Sie lässt sich nicht mehr hochfahren, und ich habe nun die Aufgabe, eine Entscheidung hinsichtlich der Verschrottung zu treffen. 

In einem lichten Moment habe ich mich daran erinnert, dass die Festplatte noch bis zum Rand voll ist mit hausgemachter Pornographie, an die mich die Maschine jetzt ja nicht mehr heranlässt, um sie zu löschen, bevor ich das Gerät aus den Händen gebe. Und dann habe ich natürlich auf irgendwo gelernt, dass man eine Festplatte ohnehin nicht wirksam und vollständig leeren kann...der Computer muss aber weg, weil er in mir schlicht keine Freude mehr entfacht. 

So, wer hierzu im eigenen Interesse u. U. noch ein paar Lösungsvorschläge zu unterbreiten hätte, möge jetzt sprechen (oder so). Oder für immer schweigen...

NH