UFO-Regen |
Das schlimmste Chaos ist im Kopf. Und der schlimmste mentale und gleichzeitig zumeist physische "Clutter" sind alte und auf unbestimmte Zeit aufgeschobene Handwerks- oder Kunstprojekte. Ich selbst dachte, ich wäre so gut wie durchorganisiert. Und ich besaß ganz bewusst noch immer vier sorgfältig gepackte und markierte "Kunstkisten" in der hintersten Ecke der Abstellkammer - mit Farben und...Kram. Der irgendwann irgendwie verwendet werden sollte. Unverwirklichte Ideen, die Raum im Gehirn UND in der Wohnung besetzen, belasten und engen sozusagen doppelt ein.
Am Freitagabend stand ich vor den Kisten und begriff plötzlich dieses: Im Umgang mit aufgeschobenen, energiefressenden Projekten, die so viel Platz aufbrauchen, gibt es ab heute nur noch zwei Methoden: Jetzt machen. Oder aufgeben. Vermale die Farben, bevor sie vertrocknen oder sich zersetzen. Mach endlich was mit dem restlichen Zeugs, oder wirf es weg.
Am Samstagmorgen fuhr ich zu Bösner (Großhandel für Kunstbedarf), um die nötigen Leinwände zu kaufen. Bösner ist immer gefährlich für mich...also im Hinblick auf ungeplante Ausgaben und das Füllen meines Heims mit neuem Kram. Gefährlicher als Schuh- und Buchläden zusammen. Bösner ist nun einmal voll mit Stiften, Tuben, Pinseln, Papier, Zeitschriften, Büchern, Rahmen und Skizzenblöcken, die ich alle unbedingt will. Das Geschäft mit nur den Leinwänden wieder zu verlassen, habe ich auch diesmal nicht geschafft. Achtung, es folgt ein Haul. Zu meiner Verteidigung - er besteht aus hauptsächlich flachen Dingen. Man kann das alles gut stapeln...
Die Liste der Gegenstände, die ich in meinem davor bereits mehrmals aussortierten Kunstfundus bis gestern gehortet habe, ist noch immer lang: Federn, Stoffblumen, Plastikspielzeug, Totenköpfe, hautfarbene Luftballons (die gibt es ja schließlich nicht so oft - siehe unten), Muscheln, Drähte, Schläuche, Glitzerstaub, amerikanische Flaggen, Plastikplättchen (siehe oben) Knetmasse, noch mehr Glitzerstaub, Regen-Capes für den einmaligen Gebrauch...ja, auch das.
Ausräum- und Organisationsexperten raten bei emotionalem Clutter ja gern mal dazu, ein Foto vom fraglichen Objekt zu machen, um sich dann besser davon trennen zu können. So habe ich es vor Jahren bereits mit Teilen meiner Schuhsammlung gemacht. In diesem Falle dachte ich, man könnte auf diese Weise den Kunst-Clutter auch gleich zum Werk machen, für das er ja eigentlich auch vorgesehen war.
Mit Lippenstiftspuren. |
Zwei der Leinwände (80x100 cm) haben nun schwer zu tragen. Obwohl ich nach den beiden folgenden Bildern auch Schluss gemacht und beschlossen habe, den Rest der Farben zu verschenken. Ich habe bemerkt, warum die Kunst in Kisten lag. Das Malen strengt mich an, weil ich es im Augenblick gar nicht mehr so dringend will. Jedenfalls nicht unter den aktuell gegebenen Bedingungen.
Malen, besonders, wenn es großformatig ist, bedeutet, dass das Wohnzimmer zum Atelier wird. Man kann nicht mehr gerade durchs Zimmer laufen, sondern muss ständig ausweichen. Man fühlt sich unter Zeitdruck, weil man eben im Anschluss nichts liegen lassen kann, um später weiter zu arbeiten, wenn man seinen Wohnraum in absehbarer Zeit wieder als solchen nutzen will. Malen macht Dreck. Und ich arbeite in letzter Zeit so hart daran, Flächen frei und sauber zu halten, dass mir das Auflösen der Kisten durch Verarbeitung der Materialien vorkam, wie ein gewaltiger und fast gewaltsamer Rückschritt. Wenn ich irgendwann wieder malen will, brauche ich dafür einen anderen Ort. Das steht fest.
Zwischendrin wurde ich richtig wütend auf den Kater, als er durch die nasse Farbe wanderte. Ich kreischte entnervt. Er war für ca. zwei Stunden beleidigt und sprach nicht mehr mit mir (kein Witz, der Kater erzählt mir für gewöhnlich immer was, wenn er oder ich nach Hause kommen).
Obwohl ich mit den beiden Arbeiten am Ende gar nicht so unzufrieden war, wie zwischendurch (das erste wollte ich beinahe mittendrin wegwerfen), sprach mir die dritte gestern vermutlich doch am meisten aus der Seele.
Während die meisten Gegenstände nach ihrem Fototermin in die Tonne wanderten, durften diese vier danach doch bleiben. Ich finde sie einfach zu schön. Ganz ohne zukünftiges Projekt. Nun...vielleicht, um jemanden nass zu machen...
NH
© Candybeach.com 2014
Wenn wir umziehen in einen Lebensbereich, der auch bisschen mehr Raum zum Leben bietet, dann wünsch ich mir - und das hat er mir versprochen - ein Zimmer, wo nur die Schallplatten, Bücher und mein Malzeug Platz haben dürfen.
AntwortenLöschenDamit ich eben nix von dem wegräumen muss, was ich brauche, um weiterzumachen, wenn die Muße und die Muse mich küssen.
Dein grünes Bild und das Sex-Bild mit den Pfauenfedern - sehr sehr geil!!!
Liebe Helma,
AntwortenLöschenjaaa - das ist auch mein Traum. Ein Raum für die Kunst! Mit Oberlicht! Allerdings werde ich hier nicht so schnell wegziehen. Vielleicht sogar nie mehr...hm...
Danke, dass dir meine Bilder gefallen! : ) Vermutlich sind sie erst einmal die letzten für einige Zeit.
Liebe Grüße
Nicola Hinz