Vorweg kurz zur Erinnerung: 400 Milliarden Dollar werden jährlich weltweit
für Diätprodukte und –programme ausgegeben.
Und jeden Tag hungern 925 Millionen Menschen, also
jeder 7. auf diesem Planeten. 146 Millionen Kinder sind untergewichtig und
gefährdet, an Unterernährung zu sterben. Und alle 15 Sekunden stirbt in der Tat
ein Kind, weil es nicht genug zu essen hatte. In 2010 lebten 49 Millionen
US-Amerikaner in Haushalten, in denen zumindest zeitweise nicht genug Nahrungsmittel
zur Verfügung standen. In Deutschland bekommen Schätzungen nach 500.000 Kinder regelmäßig nicht
genug zu essen. Ungefähr 1,5 Millionen Menschen kämen in Deutschland nicht über
die Runden, wenn sie nicht die Hilfe der Tafeln in Anspruch nehmen könnten.
Die Beträge, die ich für den aktuellen Arbeitslosengeld II-Regelsatz
für Nahrungsmittel gefunden habe, liegen zwischen 129,24 und 132,71 Euro. Allein
die Tatsache, dass man diesen offenbar nicht auf Anhieb auf einer offiziellen,
staatlichen Internetseite findet, macht mich richtig wütend. Auf jeden Fall ist
das nicht viel und nicht genug. Umso erstaunlicher die weit verbreitete
Überzeugung, dass Übergewicht vornehmlich ein Problem sozial schwacher
Schichten sei – wobei die Herleitungswege ab hier eher verschwommen sind. Eine
gängige Theorie besagt, dass arme Menschen einfach zu dumm und ungebildet sind,
um sich gesund zu ernähren. Das entbehrt schon deshalb nicht einer gewissen
Ironie, weil das in bestimmten Kreise ebenfalls gern bejammerte „Unterschichtenfernsehen“
voll ist mit Programmen, die um die Umerziehung Dicker und die Regeln vermeintlich
gesunder Ernährung kreisen (mir stellen sich bei dem Gedanken an „The Biggest
Loser“ noch immer die Nackenhaare auf). Gleichzeitig wird hierbei natürlich
zweierlei unterstellt: a) man kann sich mit Hartz IV ausgewogen ("gesund") und abwechslungsreich ernähren, wenn man nur schlau genug ist – und b) der Hartz IV-Regelsatz reicht
gegebenenfalls auch, um sich dick und rund zu essen.
Ich habe nun beschlossen, auch einmal den Hartz IV- Selbstversuch zu machen.
Ich werde mich im Juli von 130 Euro ernähren. Das tue ich sonst nicht. Dabei werde ich natürlich von
vornherein schummeln, weil ich selbstverständlich noch aufbrauchen werde, was
ich im Kühlschrank und im Vorratsschrank habe. Denn ich habe das Glück, dass am Ende des Monats noch was zu essen
da ist. Fest steht schon jetzt, dass ich nie wieder Geld dafür bezahlen werde, im Zuge einer künstlich erzeugten Hungersnot Gewicht zu verlieren. Mit jeder
sinnlosen, überteuerten, geschmacklosen Dose Eiweißpulver verhöhnt man die, die regelmäßig hungrig ins Bett gehen.
NH