Samstag, 8. März 2014

Happy Internationaler Frauentag!

 

Nun dachte ich, das wird ein ruhiger Freitagabend: "Heute passiert hier nix mehr. Ich stopfe mich noch mit Spinat und Blaubeeren voll, schaue mir endlich Rob Zombies The Lords of Salem an, und bis morgen kann mich jeder mal gern haben. Und DANN fiel mein Blick auf die Titelseite der Zeit...Ich weiß, ich weiß, warum lese ich diese "Bravo für Abiturienten" (Volker Pispers) eigentlich noch?!...Tue ich ja gar nicht mehr. Jetzt nicht mehr.

Denn ausgerechnet zum Internationalen Frauentag haben sich die Verantwortlichen dazu verstiegen, die Antifeministin Mariam Lau - nein, keinen Artikel - sondern einen triefend larmoyanten Kommentar über die "traurigen Siege" des Feminismus verzapfen und diesen dann auch noch auf die erste Seite drucken zu lassen.

Die Hälfte des lauen Aufsatzes handelt allerdings von Prostitution, und davon, dass nach einem Beschluss des Europäischen Parlaments Prostitution in Europa illegal, bzw. Freier künftig bestraft werden sollen. Da ist die Frau Lau dagegen. Abgesehen davon, dass man sich über diese Wahl des Schwerpunktes eines Artikels zum Internationalen Frauentag vielleicht wundern könnte, zeigen die Ausführungen natürlich auch mal wieder, dass sie sich mit näheren Betrachtungen des wahren Lebens nur ungern die Finger schmutzig macht.

Ihre Klage basiert hier auf der Annahme, dass es gute (freiwillige) und nicht so gute (erzwungene Prostitution) gibt. Und dass die Linie zwischen beiden klar und vermutlich auch noch irgendwie mittig verläuft. Man könnte, so die Frau Lau, Zwangsprostitution und Menschenhandel mit einer "kleinen Korrektur der vorhandenen Gesetze leicht" bekämpfen. Und dann könnten all die anderen freiwilligen, glücklichen Huren, die dreistellige Stundenhonorare berechnen, die ihnen natürlich nicht von ihren Zuhältern abgenommen werden und die natürlich in gar keiner Zwangslage sind, weder persönlich noch wirtschaftlich, in Ruhe weiter ihrem natürlich total normalen Beruf nachgehen. Nun, wenn alle Huren selbständige, selbstbestimmte Unternehmerinnen mit anständigem Einkommen wären, dann wäre ich auch dafür, dass Prostitution legal bleibt. Das Problem ist tatsächlich, dass es eben jene "gute" Prostitution nicht so furchtbar oft gibt. Was es gibt, sind 500.000 Zwangsprostituierte in Europa - laut einer Schätzung der UN.

Der "Triumph des Staatsfeminismus" sorgt der Frau Lau zufolge, für eine Stimmung des "Misstrauens" zwischen Männern und Frauen, denn es gehe nicht um fröhliche Befreiung sondern um Schutz vor "männlichen Übergriffen". Das tut es in der Tat. Jeder vernünftige Mensch (ob Frau oder Mann) würde ja wohl auch zu dem Schluss kommen, dass in einem Europa, in dem zum aktuellen Zeitpunkt jede dritte Frau schon einmal solch einen Übergriff erlebt hat, Schutz davor auch nötig ist. Ist das Verhältnis zwischen Frauen und Männern tatsächlich gestörter, seit die Vergewaltigung in der Ehe ein Straftatbestand ist? Ernsthaft jetzt? Müssen wir uns über so etwas wirklich unterhalten?

Na jedenfalls denkt die Frau Lau, dass eben dieses Misstrauen und die durch den Feminismus vergiftete Atmosphäre zwischen den Geschlechtern dazu führen, dass vor allem Akademikerinnen nicht mehr in der Lage sind, Familien zu gründen, weil ihnen, so die faszinierend abwegige Vermutung,  der "Mut zu Mann und Kindern" schlicht fehlt - wohlgemerkt: "trotz innigstem Wunsch". Woher die Frau Lau ihre Informationen über die psychische Verfassung vom Feminismus eingeschüchterter Akademikerinnen hat, ist mir schleierhaft. Tatsache ist: Noch immer gehen nur 7% aller frischgebackenen Väter für ein Jahr in Elternzeit. Es gibt noch immer nicht überall genug passende Angebote zur Kinderbetreuung. Dass die Zahl der Kinder mit steigendem Bildungsniveau sinkt, ist ja wohl nichts Neues, ebensowenig, wie die Tatsache, dass die Mehrzahl der Scheidungen von Frauen eingereicht wird. Und die werden schon ihre Gründe haben.

Moderne Frauen, die heterosexuell und an Männern grundsätzlich interessiert sind, haben keine Angst vor Beziehungen mit Männern! Sie haben einfach im Leben viel vor, und wenn sie Prioritäten setzen müssen, dann gerät die Familienplanung, man höre und staune, mitunter ins Hintertreffen. Frauen haben die Wahl, und DAS verdanken wir dem Feminismus. Auch die im fraglichen Zusammenhang komplett unpassenderweise von der Frau Lau betrauerten 100.000 Abtreibungen, die jährlich vorgenommen werden, sind übrigens dem oben genannten Umstand geschuldet - auch hier können sich Frauen der Göttin sei Dank in diesem Land entscheiden. Und DAS ist eben das Ergebnis. Ob es der Frau Lau passt, oder nicht. Vielleicht würde die Entscheidung in dem einen oder anderen Fall anders ausfallen, wenn es z. B. ein bedingungsloses Grundeinkommen und mehr Ganztagsschulen gäbe, aber Frauen haben viele Gründe, keine Kinder zu wollen, und viele davon dürften weder mit wirtschaftlichen noch organisatorischen Fragen zu tun haben.

"Feminismus ist die Antwort - aber was war noch mal die Frage?" DIE FRAGE, Frau Lau, war: Warum verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich 21% weniger als Männer? Schreiben Sie es sich am besten auf - vielleicht hinter die Ohren.

Nachtrag: Wer gute Nerven hat, kann Frau Laus "Was will das Weib?" hier online lesen. Wer überdies noch über einen unempfindlichen Magen verfügt, kann aus dem Schwall der sich anschließenden Kommentare wirklich Erstaunliches über die Realität in den Köpfen der Zeitleser erfahren.

Oder doch lieber bei der Mädchenmannschaft weiterlesen.

NH