Sonntag, 10. September 2023

THE UGLY GIRL PROJECT - Body of Evidence: Beine / Legs

Ein Jahrzehnt nach dieser und dieser und dieser und dieser Fotoreihe zum Thema Beine habe ich The Ugly Girl Project wieder aufleben lassen - aus gegebenem Anlass...





Das Ugly Girl Project diente einst dazu, Bilder von mir selbst zu erzeugen, auf denen ich mich gut aushalten konnte. Es war Teil meiner Reise zu dicker Selbstakzeptanz. Obwohl es sich auf in der Zwischenzeit eher angestaubte Standards und Darstellungen von weiblicher Attraktivität und Sexualität stützte und das auch jetzt (zugegebenermaßen) wieder tut, war es ein Werkzeug zur Annäherung an den eigenen verachteten und bekämpften Körper.

Die Einhaltung solcher Standards war damals notwendig, damit es für mich funktionieren konnte. Ich, VOGUE-Leserin seit dem 16. Lebensjahr, wollte mich "schön" finden, weil ich, wie die meisten von uns, aus meiner persönlichen Entwicklungsgeschichte heraus dachte, Normschönheit sei das Wichtigste. 

Heute geht es nun nicht mehr nur um einen dicken Frauenkörper, sondern um einen, der über fünfzig Jahre alt ist und in einer Welt existiert, in der sich die  Erwartungen an die Bemühung um das Äußere nur bedingt aufgelöst haben. Eher sind sie hier und da noch rabiater geworden (siehe Instagram).

Ich finde meine Beine nicht schön. Das Missverständnis ist ja oft, dass Fett- und Selbstakzeptanz damit einhergehen sollten, sich selbst schön zu finden. Das ist nicht so. Vielmehr geht es darum, zu begreifen, dass es nicht so wichtig ist, den eigenen Körper schön zu finden, um ihn zu respektieren und als Wohnort adäquat nutzen zu können. Dellen und Wellen und Hautfalten. Und von all dem noch viel mehr als vor zehn Jahren - klar.

Hinzukommt, dass meine Beine und Füße mich im Augenblick ohnehin nicht besonders gut tragen. Ich stehe nicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden, sondern muss regelrecht aufpassen, dass ich nicht umkippe oder mich nur noch setzen kann und aufgeben. Meine MS und ein starker Schmerz in der Hüfte, den ich schon lange hätte abklären lassen müssen, sorgen u.a. für Empfindungsstörungen in den Füßen und lassen mich im Augenblick buchstäblich durchs Leben wackeln und schlingern. 

Ich liebe ja hohe Absätze.

Ich habe seit vielen Jahren keine hohen Schuhe mehr getragen und es ist ein maßgeblicher Teil meines Bitterkeitsrepertoires, nicht mehr auf ihnen laufen zu können. Mein ideales Ich ist mir auf ihnen davongerannt und ich weiß, dass ich es mit meinen knarrenden Knien und den am Nachmittag bereits schon geschwollenen Füßen nie wieder werde einholen können. Ich habe viel zu wenig Absätze getragen, als ich es gekonnt hätte. 

Nun kam unlängst noch die Erfahrung hinzu, in einer Beziehung für jemanden verlassen zu werden, der nicht normschöner ist, als frau selbst. Das stellt sich für mich noch immer als verwirrend und nagend heraus. Mir hat es den Teppich aus Selbstwertgefühl und Stolz auf meinen Körper und seine Sexualität just like that unter den Füßen weggerissen. Da ist es auch egal, dass es eigentlich der persönliche Anspruch ist, Äußerlichkeiten erstens nicht nach gängigen Regeln und zweitens am besten überhaupt nicht zu bewerten. Beides ist Übungssache und eine Frage der Umstände. Im Augenblick bin ich nicht gut darin. 

Obwohl das Ugly Girl Project eine alte Strategie ist, sind die Bilder diesmal doch anders geworden. Deutlich weniger bemüht und auf jeden Fall kaum gefällig. Finde ich. : )






NH