Ein Jahrzehnt nach dieser und dieser und dieser und dieser Fotoreihe zum Thema Beine habe ich The Ugly Girl Project wieder aufleben lassen - aus gegebenem Anlass...
Das Ugly Girl Project diente einst dazu, Bilder von mir selbst zu erzeugen, auf denen ich mich gut aushalten konnte. Es war Teil meiner Reise zu dicker Selbstakzeptanz. Obwohl es sich auf in der Zwischenzeit eher angestaubte Standards und Darstellungen von weiblicher Attraktivität und Sexualität stützte und das auch jetzt (zugegebenermaßen) wieder tut, war es ein Werkzeug zur Annäherung an den eigenen verachteten und bekämpften Körper.
Die Einhaltung solcher Standards war damals notwendig, damit es für mich funktionieren konnte. Ich, VOGUE-Leserin seit dem 16. Lebensjahr, wollte mich "schön" finden, weil ich, wie die meisten von uns, aus meiner persönlichen Entwicklungsgeschichte heraus dachte, Normschönheit sei das Wichtigste.
Heute geht es nun nicht mehr nur um einen dicken Frauenkörper, sondern um einen, der über fünfzig Jahre alt ist und in einer Welt existiert, in der sich die Erwartungen an die Bemühung um das Äußere nur bedingt aufgelöst haben. Eher sind sie hier und da noch rabiater geworden (siehe Instagram).
Ich finde meine Beine nicht schön. Das Missverständnis ist ja oft, dass Fett- und Selbstakzeptanz damit einhergehen sollten, sich selbst schön zu finden. Das ist nicht so. Vielmehr geht es darum, zu begreifen, dass es nicht so wichtig ist, den eigenen Körper schön zu finden, um ihn zu respektieren und als Wohnort adäquat nutzen zu können. Dellen und Wellen und Hautfalten. Und von all dem noch viel mehr als vor zehn Jahren - klar.
Hinzukommt, dass meine Beine und Füße mich im Augenblick ohnehin nicht besonders gut tragen. Ich stehe nicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden, sondern muss regelrecht aufpassen, dass ich nicht umkippe oder mich nur noch setzen kann und aufgeben. Meine MS und ein starker Schmerz in der Hüfte, den ich schon lange hätte abklären lassen müssen, sorgen u.a. für Empfindungsstörungen in den Füßen und lassen mich im Augenblick buchstäblich durchs Leben wackeln und schlingern.
Ich liebe ja hohe Absätze.
Ich habe seit vielen Jahren keine hohen Schuhe mehr getragen und es ist ein maßgeblicher Teil meines Bitterkeitsrepertoires, nicht mehr auf ihnen laufen zu können. Mein ideales Ich ist mir auf ihnen davongerannt und ich weiß, dass ich es mit meinen knarrenden Knien und den am Nachmittag bereits schon geschwollenen Füßen nie wieder werde einholen können. Ich habe viel zu wenig Absätze getragen, als ich es gekonnt hätte.
Nun kam unlängst noch die Erfahrung hinzu, in einer Beziehung für jemanden verlassen zu werden, der nicht normschöner ist, als frau selbst. Das stellt sich für mich noch immer als verwirrend und nagend heraus. Mir hat es den Teppich aus Selbstwertgefühl und Stolz auf meinen Körper und seine Sexualität just like that unter den Füßen weggerissen. Da ist es auch egal, dass es eigentlich der persönliche Anspruch ist, Äußerlichkeiten erstens nicht nach gängigen Regeln und zweitens am besten überhaupt nicht zu bewerten. Beides ist Übungssache und eine Frage der Umstände. Im Augenblick bin ich nicht gut darin.
Obwohl das Ugly Girl Project eine alte Strategie ist, sind die Bilder diesmal doch anders geworden. Deutlich weniger bemüht und auf jeden Fall kaum gefällig. Finde ich. : )
Wow, auch wenn ich ja noch gerade so zu 50+ gehöre, hätte ich mich das mit meinem Körper in Deinem Alter schon nicht mehr getraut ... Das ist wohl auch der Preis, den ich für die jetzt schon über 13 Homeoffice Jahre tragen muss ... Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich 2015 hier mal über eine Shopping-Tour in Wernigerode schrieb, wo ich tatsächlich noch Kleidung für mich fand, in die ich noch bequem reinpasste. Fast alles davon hängt noch ungetragen im Schrank, da das Leben mal wieder so anders als geplant verlief ... Und nein, ich bereue es nicht, dass ich nur etwa 25 Jahre Absätze getragen habe. Denn die Quittung der wehen Füße ist jetzt schon schlimm genug. Aber die Zeiten bereue ich trotzdem nicht. Sie taten meinem Selbstwertgefühl damals gut - wie so viele andere Dinge im Bereich Kleidung und Accessoires ... Doch inzwischen bin ich froh, dass es bei uns gar nicht mehr so viele Spiegel gibt. Das muss ich mir jetzt nicht mehr ständig antun. Und es gibt sogar Momente, da überlege ich sogar sie einfach abzuhängen. Denn in manchen Momenten quälen sie mich doch sehr ... Zumal, wenn die blöden zunehmenden Alterswehwehchen das Leben ohnehin allmählich schwieriger und weniger beschwingt machen ;-( Jetzt, wo ich das hier bei Dir so lese, fühle ich mich plötzlich noch älter - mal wieder in einem Übergang, wo ich mich von den freudig angesammelten 'Schönmachern' eigentlich endlich mal trennen könnte oder sollte ...
AntwortenLöschenAber ich hoffe, Dein Selbstwertgefühl kommt doch bald wieder zurück. Und ohne Vogoue lebt sich sicherlich leichter ;-)
LG Silke
Es gibt bei mir auch immer öfter Tage, an denen ich gar nicht mehr in den Spiegel schaue. Das kann ein gutes oder schlechtes Zeichen sein. Entspanntes Desinteresse oder schlicht Vernachlässigung. Im Augenblick arbeite ich straff gegen krisenbedingte Vernachlässigung an. Ich lege besonders viel Wert darauf "put together" auszusehen, also wie eine, die alles unter Kontrolle hat - vor allem den Damenbart und die farbliche Zusammenstellung der Garderobe. : ) Ich hab auch noch so viele nie ausgeführte Schönmacher. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, einige davon der Welt doch endlich einmal zu zeigen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Nicola
Tu' das, das motiviert :-) ... Das war zumindest früher bei mir der Fall ;-)
LöschenIch schwankte ja häufiger zwischen mich für das Abnehmen durch Kleidung und Accessoires belohnen/motivieren. Und der Selbstakzeptanz, dass das nur Fassade ist und innere Werte, mehr Gelassenheit und eine gewisse Bequemlichkeit zu einem angenehmeren Leben führen. Inzwischen liegt der richtige Weg für mich irgendwo dazwischen - mit der Tendenz mal mehr zu der einen oder anderen Seite. Und darum fällt es mir auch immer noch so schwer mich von dem anderen Leben einfach zu trennen, da ich mir nicht sicher bin, ob es für mich auf Dauer so richtig ist. Denn immer wieder gab es Ansätze auszubrechen. Nur, dass ich aus den Versuchen immer wieder rausgewachsen bin ;-( Was meiner Beweglichkeit wirklich nicht gut tut ...
Darum finde ich Deine Überlegung wirklich gut die 'nie ausgeführten Schönmacher' mal zu nutzen! Ich hoffe es tut Dir gut!
Liebe Morgengrüße schickt Silke
Ich wollte mich angesichts der Situation nur ein wenig "attraktiver" fühlen. Ich komme mir an manchen Tagen so hässlich vor - es ist fast wieder wie zu Teenagerzeiten. Und das nach all der Übung in Selbstakzeptanz.
LöschenLiebe Grüße
Nicola
Also das Leopardendessous ist sehr schön an dir. Und du weißt, es gibt auch wohlgenährte 🐆 und die schauen nie in den Spiegel und wirken trotzdem majestätisch! Ok, die sind meistens in einem Gehege. Aber sind wir letztendlich auch. Bei uns heißt das Home Office.
AntwortenLöschenDanke für deine Nachricht. Wie im Käfig fühle ich mich seit Langem allerdings auch...aber nicht sehr majestätisch, um ehrlich zu sein.
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