Sonntag, 28. Juni 2015

THE UGLY GIRL PROJECT: Gartenschlauch / Garden hose










© Nicola Hinz 2015

Follow me around 27: Presseschau


"Und hast du in letzter Zeit etwas 
Schönes gelesen?"

Hat Theo gefragt. Aber nur, um von einem anderen Thema abzulenken. Aber na gut, falls es jemanden doch interessiert - wobei, schön war es eher nicht.


Bravo Girl! 
Nr. 13 (17.6.2015)

Denn ich kann mir ja nicht helfen - während ich in letzter Zeit an Kassen stand und der Blick über die Zeitschriften glitt, blieb er natürlich immer wieder an sowas hier hängen: "Schummel dich schlank!" Seitdem ich so voll im Thema bin, kann ich ja nicht mehr wegsehen, so fasziniert und entsetzt bin ich von der perfiden Allgegenwart von auf Frauen (und in diesem Fall sehr junge Frauen und Mädchen) abgefeuerten, negativen Körperbotschaften, die mir vorher in ihrem vollen Ausmaß schlicht nicht bewusst war. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich bisher immer dachte, es müsse heißen "Schummle dich schlank"...aber was ist schon Grammatik, wenn es darum geht, dünner auszusehen?

Es war die erste Bravo Girl!, die ich gekauft und durchgeblättert habe, und ich gebe weder an noch versuche ich unnötig dramatisch zu sein - mir wurde tatsächlich vor Ärger erst ein wenig schwindelig und dann regelrecht übel. Erst wollte ich auch gar nicht mehr darüber schreiben, denn ich wollte den Kram eigentlich nur noch in die Tonne pfeffern, aber Drecksarbeiten müssen bekanntlich auch erledigt werden. Der Artikel zur Schlagzeile auf dem Titelblatt beginnt auf Seite 8 und endet auf Seite 13. Es geht um Bikinis und welchen man mit welcher Problemzone tragen sollte, wenn man sich fürs Schwimmbad eine "schönere, schlankere und knackigere" Traumfigur erschummeln will. Beim ersten Model dachte ich für einen Augenblick erschrocken, sie streckt den Arm hoch zum Hitlergruß...aber wahrscheinlich bin ich wieder die einzige, die solch verdrehte Assoziationen hat.

Natürlich impliziert schon das Wort "schummeln" in diesem Zusammenhang nichts anderes als schuldhafte Hässlichkeit. Wer ES nicht wirklich hat, hat Pech und ist im Prinzip selber Schuld. Und muss halt ein wenig betrügen. Denn Hässlichkeit ist natürlich noch immer um Einiges schlimmer als Unehrlichkeit. Darum verteilt die Bravo Girl! schließlich auch großzügig solche Schummeltipps an die Bedürftigen, aber eigentlich hätte man sich ja auch mal mehr zusammenreißen können, und insgesamt schöner geboren worden sein.

Die folgenden 12 Mädchen in Bikinis repräsentieren 12 körperliche "Mängel", die durch die Wahl des richtigen Bikinis abgemildert werden können:

1) Großer Busen / Kleine Brüste

2) Zierliche Figur / Kurvige Silhouette / Groß und schlaksig

3) Wenig Taille und großer Po / Flacher Popo

4) Volle Oberschenkel

6) Breite Schultern (?!)

7) Etwas Bäuchlein

8) Breite Hüften

Zusätzlich gibt es eine Liste für Dos und Don'ts - wiederum für wenig Busen, viel Busen, kleine Pos, große Pos sowie für kräftige Beine. Was bei dieser Gegenüberstellung mal wieder klar wird, ist, dass es in der absurden Welt der Frauenzeitschriften schier unmöglich ist, einen "richtigen" Körper zu haben, der keiner Nachhilfe bedarf - kein Körper ist ok. ALLES muss korrigiert werden. Und das Gegenteil von allem eben auch: "Bikinitops mit Rüschen tricksen dir eine größere Oberweite." Aber: "Tief ausgeschnittene Neckholder (...) lassen deine Oberweite kleiner erscheinen." Es gibt kein Gewinnen.

Auf der letzten Seite ist eine Galerie von Leserinnen zu bewundern, die ihre Bilder per Instagram oder Mail an die Redaktion geschickt haben. Die meisten von ihnen dürften, wenn überhaupt, gerade eben so die Pubertät erreicht haben...ich frage mich, was man als Mutter überhaupt tun könnte, um seine Tochter wirksam vor so viel Gift und Angriffen auf ihren Selbstwert und ihre Gesundheit zu schützen.

Und wofür ist eigentlich das lächerliche Ausrufezeichen da? Offenbar, um die Mädchen pausenlos anzuschreien und anzufeuern, alles nur nicht sie selbst zu sein: "Fit und sexy!", "Schummel dich schlank!", "Mund auf, Augen zu!", "Sexy aussehen!", "Aber wer braucht Rettungsringe um die Taille?!", "(...) zarte Strähnchen herausziehen!", "Nach dem Baden neu eincremen!", "Schüttle die negativen Gedanken ab!", "Süße Looks, die jeden Jungen sofort verzaubern!"...

...überhaupt ist es offenbar von erstaunlicher Bedeutung, was Jungs so gut finden. Auf Seite 48 lernen wir, dass "Jungs sich ruckzuck in dich verlieben", wenn frau nur genug - Achtung! - lächelt. "Du bekommst alles, was du willst - ohne Worte."

Ohne Worte.


Brigitte
Nr. 12, 27.05.2015

Auch da sollte ich ja zu meinem eigenen Besten die Finger weglassen, und konnte es doch nicht, als ich gesehen habe, dass in dem Heft ein Artikel über Frauen in Mauretanien war. "Dick und geschieden" stand auf dem Titel. Mir schwante Schlimmes...und ich behielt Recht. Denn wenn die Brigitte über Frauen in einer anderen Kultur berichtet, verlieren ihre Autorinnen selbstverständlich niemals den Blick auf das Wesentliche: Dicksein ist schlecht, schlecht, schlecht. Und die Frauen in Mauretanien werden gemästet, um dick, dick, dick zu werden - weil das da das herrschende (für Brigitte-Redakteurinnen selbstverständlich total abwegige) Schönheitsideal ist. "So jedenfalls erzählt man sich von den Frauen in Mauretanien." Hoppla!?

Dass nicht eine jener gemästeten, mythischen Monsterfrauen der Fotografin vor die Linse gekommen ist, weil die Frauen in Mauretanien gar nicht mehr zwangsgemästet werden, hat die Autorin dann zwangsläufig auch mitbekommen. Das hindert sie nicht daran, sich immer weiter abfällig über die Praxis und über aus ihrer Sicht zu dicke Körper auszulassen: "(...) dick, das hat sich herumgesprochen, heißt auch: unbeweglich und krank.", "Fette Frauen gibt es nur wenige. (...) viel weniger als beispielsweise in den USA.", "(Es) wird gezeigt, wie eine sehr dicke Frau (...) äußerst unästhetisch versucht (...) aufzustehen.", "(...) Elys Kampagnen (...) erreichen (die), die schon vernünftig sind."

Die Ironie, dass eine Diät hier mitunter als emanzipatorischer Akt verstanden werden kann, geht an der Autorin offenbar komplett vorbei, und obwohl sie sogar die mauretanische Frauenrechtlerin Ely Aminetou zitiert, die ausführt, dass die heute nur noch freiwillig stattfindende absichtliche Gewichtszunahme unter jungen Frauen auf Männerfang nichts anderes ist, als der "Magerwahn im Westen", kann sie ihre Abneigung für Frauen, die ihr Gewicht gezielt erhöhen, um so ihre Normschönheit zu steigern und über möglichst viele Ehen und Scheidungen wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erlangen, nur schlecht verbergen: Die zwanzigjährige Belkiss ist "verwöhnt", "killt" ihre Zeit mit Facebook und Instagram, schwänzt die Schule, um shoppen zu gehen und ist somit schon dreimal durch den Schulabschluss gefallen. Die 54jährige Horya Mint Nana hat "sich achtmal mit Tabletten vollgestopft", um dick zu werden, zusammen mit ihrer Schwester hat sie bereits über ein Dutzend Ehemänner "entsorgt" und sie "kommandiert" ihre "Diener" mit "herrischen Worten".

Unter dem Artikel behauptet ein kleiner Absatz, dass die Autorin Andrea Jeska es nicht leiden kann, "wenn Frauen sich kleinmachen oder dünn hungern". Darum war sie angeblich "sehr beeindruckt von der Präsenz (...) und dem Stolz (...) der mauretanischen Frauen."

Tsss...could have fooled me.*


Micky Maus
vom 12.06.2015

Und dann endlich aufatmen und basteln. Wo wir doch gerade von Monstern sprachen... ; )





*Das ist aus dem Artikel weiß Göttin nicht ersichtlich - darum: Fast hätte sie mich an der Nase herumgeführt. Da dachte ich doch für einen Augenblick, sie hat was gegen Fett...

© Candybeach.com 2015


Samstag, 13. Juni 2015

Follow me around 26


I still know what you ate last week*

Doch, ich komme schon klar. Und immer ein wenig besser. Ohne Fleisch, Eier und Milch auszukommen ist für mich auf jeden Fall sehr viel leichter, als ohne Kohlenhydrate. Das ist und bleibt ein entscheidendes Hindernis. Inzwischen finde ich im Supermarkt sogar vieles, was vegan ist, ohne dass es draufsteht. Was für mich wirklich nicht funktioniert, ist Käseersatz. Um genau zu sein, wird mir davon bei größeren Mengen sogar ein wenig übel. Irgendjemand riet, Aufläufe mit Mandelmus zu überbacken. Ich bin skeptisch - und, herrje!, ist das Zeug teuer. Wieder mehr selber zu kochen, führt weiterhin regelmäßig zu Küchenexplosionen. Ich time jetzt die Aufräumarbeiten, um sie im Spiel gegen die Uhr etwas "sportlicher" zu gestalten. Trotzdem muss das Problem anders gelöst werden. Im Augenblick spiele ich mit der Idee, mich im "Meal prepping", also im Vorkochen für eine halbe oder ganze Woche zu versuchen.

Tatsache ist: Wenn man sich erst einmal mit den Hintergründen zur Produktion von Eiern und Milch (auch bei Bio-Betrieben) beschäftigt hat, gibt es eigentlich kein Zurück mehr. Offenbar ist es fast humaner, die Tiere zu essen, als ihre Produkte.

Rentnerinnenalltag



Samstag. Spät aufgestanden, in olle Kleider gestiegen und auf zum Friedhof.

Eigentlich wollte ich vorher noch staubsaugen. Staubsaugen und auf dem Friedhof Steine verlegen - das waren die zwei wichtigsten weil unerquicklichsten und damit schwierigsten Ziele für dieses Wochenende. Ich hasse es aus vollster Seele zu staubsaugen. Weil man immerzu irgendwo hängen- oder steckenbleibt. Irgendwo gegen fährt. Oder irgendwas umreißt. Oder das Kabel nicht reicht. Oder der Beutel voll ist. All das macht es zu so einer wahnsinnig kraftvollen Metapher für meine Wahrnehmung des Lebens und seiner Widerstände an sich, dass ich erstaunliche Aggressionen entwickeln kann, sobald ich die Staubsaugmaschine nur anwerfe. Aber das ist ja nichts Neues - nichts ist hier jemals einfach.

Zumindest ist nun das Grab meiner Mutter mit Steinen umrandet. Offenbar ist das jetzt große Mode und gehört sich regelrecht so, weil es mittlerweile alle so machen. Und man muss nicht glauben, dass keiner darauf achtet, was sich auf Nachbarsgräbern tut. Da wird ganz genau beobachtet, ob einer überhaupt noch mit angemessener Mühe betrauert wird, also ob sich überhaupt noch jemand um das Grab kümmert. Andererseits soll natürlich auch Ordnung herrschen. Auch der Nachbar meiner Mutter hatte plötzlich ein zackig-eckiges Mäuerchen, bei dessen Anlage der Rasen zwischen den Gräbern mir nichts dir nichts abgestochen wurde, eine Senkung entstand und so nun bei Regen die Erde in Form von Matsch ohne Halt auf das Grab meiner Mutter floss.

Meine Mutter hatte ja immer eher eine für Friedhöfe untypische Bepflanzung. Keine Stiemütterchen im Frühling. Keine Tannenabdeckung und Gestecke im Winter. Weil ich weiß, dass sie mir ein solches Gesteck um die Ohren hauen würde, wenn sie könnte. Aber nun hat auch sie so eine ortsübliche Grundstücksbegrenzung. Damit klar ist, wo wer anfängt und aufhört.

Es hört nie auf - das mit den Nachbarn aus der Hölle.

Gentrification reversed**

Apropos.

Ich wohne in einer sogenannten "Villengegend". Wohlgemerkt: Ich selbst wohne in gelbem Klinker mit Flachdach aus den siebziger Jahren. Es hat aber natürlich ganz klare Vorteile, bei den reichen Leuten im Wald zu wohnen, weil es bei denen in der Regel ruhiger, grüner und großzügiger ist, als an anderen Orten. Und ich brauche ruhig, grün und großzügig, weil ich hochneurotisch und hypersensibel bin und eine sehr geringe Toleranzschwelle für alles habe, was anders als grün, ruhig und großzügig ist. Besonders in langfristiger Hinsicht. Das ist nun einmal einfach so.

Als ich jedoch heute auf dem Weg zum Friedhof und deswegen ohnehin schon angepisst war, kam ich mal wieder kaum aus meiner eigenen Straße raus. Die führt auf die Haupteinkaufsstraße, also die mit dem kleinen Supermarkt, dem Bäcker, dem Fleischer, dem Frisör, dem Tabakladen, den Ärzten und den zwei Apotheken. Dass sich in einem Ort dieser Größe zwei Apotheken halten, liegt vermutlich weitgehend daran, dass die hier lebenden reichen Leute in großer Zahl auch schon ziemlich alt sind. Die Straße mit den Geschäften versinkt jeden Morgen im Chaos, denn es gibt zu wenig Parkplätze für zu viele Menschen in großen Autos, von denen zwar fast alle denken, ihnen gehört die Welt, aber von denen bei Weitem nicht alle ihre Panzer so besonders sicher navigieren können.

Es ist ein täglicher Kampf, der aber vormals vorbei war, sobald man das Ende der Straße und damit wieder das Wohnviertel erreichte. Das ändert sich jetzt auf rapide und rabiate Weise. Denn wenn reiche alte Leute sterben, hinterlassen sie ihre großen Häuser und Gärten heutzutage Kindern, die es sich nicht mehr leisten können oder wollen, diese Häuser zu (er)halten. Aus Parks werden Parzellen. Und während sich die neuen Bewohner der zuhauf hingeklatschten Toskanavillen zwar noch immer einen Geländewagen, einen Mini und ein Wohnmobil leisten können, fehlt ihnen offenbar nicht selten das Geld für den Grund, der nötig wäre, um die Vehikel nicht allesamt auf der Straße abzustellen zu müssen. Das wiederum macht mein Leben zunehmend schwierig und ärgerlich. Es regt mich auf, Slalom fahren zu müssen. Es regt mich auf, minutenlang warten zu müssen, bis sich nun auch auf allen anderen Durchgangsstraßen im Dorf die Verkehrsknoten entwirren, die entstehen, wenn nicht mehr genug Lücken zum Ausweichen bleiben. Und Lücken lassen Menschen, die glauben, dass ihnen alles auf dem Planeten zusteht, ohnehin nicht gern. Es gibt in meiner Nachbarschaft mittlerweile sogar solche, denen es nicht zu peinlich ist, auf öffentlichem Gelände Schilder zu platzieren, die lauthals verkünden: "Land Rover Parking Only". Arme Schlucker. Wahrer Reichtum ist Platz. In meiner Gegend sind es heute die mit dem verhältnismäßig kleinen, alten, roten Haus mit der geschmackvollen, kleinen, weißen Veranda am Ende der 200 Meter langen Einfahrt, die es wirklich geschafft haben.

Was sagt uns das nun alles? 1. Ich bin ein Snob mit einer Garage. 2. Ich bin oft spät dran. 3. Ich ertrage es nicht, wenn mir andere im Weg herumstehen. 4. Ich ertrage es nicht, dass man noch so sorgfältig entscheiden und planen kann, wo man hinzieht, und die Realität einem dann doch die Straßen des eigenen Heimatortes verstopft. 5. Ich ertrage dieser Tage so gut wie gar nichts. 6. Menschen in guten Gegenden sind mitunter sehr viel unangenehmer als woanders. Wer das hautnah bewiesen haben will, dem sei ein Info-Abend der hiesigen FDP empfohlen (don't ask how I got there). Für weitere soziale Studien in die Psyche überprivilegierter Hausfrauen bietet sich der jährlich stattfindende Ladies' Night Flohmarkt in der örtlichen Kirchengemeinde an. Die dort zu bestaunenden raffigen Kämpfe um abgelegte Designer-Kleidung sind ein verräterisches Spektakel der ganz eigenen Art. 7. Ich bin wahrscheinlich sehr viel mehr so wie die, als ich wirklich weiß und zugeben würde.

Die Krönung

Im Schlosspark am Ort findet heute und morgen einer dieser Landmärkte statt, wo man seit Jahrzehnten Pflanzen, immer die gleiche rostig-rustikale Gartendekoration, mit Rosen bedruckte Gummistiefel, mit Krönchen benähte Kissenhüllen, sowie selbstgemachte Seife, Marmelade, und Obstliköre erwerben kann. Und ja, ich besitze oder besaß aus jeder Kategorie mindestens einen Gegenstand, denn als meine Mutter noch lebte, besuchte ich mit ihr jährlich im Schnitt mindestens 4 solcher Veranstaltungen, wobei da die Weihnachtsmärkte noch gar nicht mitgerechnet sind. Bei einigen Märkten war es mittlerweile "Tradition", bzw. ein Ritual, das die jeweilige Jahreszeit einläutete. Und ich kann auch nicht sagen, dass ich nicht Freude an der zu solchen Gelegenheiten gebotenen idyllischen Karikatur von Landleben gehabt hätte. Den letzten von einer Landfrau zusammengebrauten Schlehenlikör aus dem Bestand meiner Mutter habe ich übrigens erst im letzten Jahr an einen Fußfetischisten "verfüttert" - vorm Füßebeschnüffeln und beim Tarotkartenlegen.

Kurzum, eigentlich hatte ich vor, da heute hinzugehen. Aber keiner wollte/konnte mit. Auch meine 77jährige Nachbarin nicht. Die hat zwischenzeitlich einen ihrer Verehrer abgesägt, und zwar den, der nicht, wie sie, auch das Jagdhorn bläst. In den Verbliebenen ist sie nun so verknallt und darum so fröhlich und voll mit zwitschernden Geschichten über die gemeinsamen Unternehmungen, dass ich ihr ständig eine runterhauen könnte. Er muss auch ausgesprochen verschossen sein, denn obwohl er mehr auf James Last steht, begleitet er sie nun in jedes Kirchenkonzert und jede provinzielle Freilicht-Opernaufführung, die auf ihrer Wunschliste steht.

Bei mir läuft bekanntlich gar nichts, wobei das bei den beiden wohl in zumindest einer ganz bestimmten Abteilung auch so ist...jahaaa, das sind die Informationen, bei denen man die Finger gar nicht schnell genug in die Ohren rammen und laut "Lalalala!" schreien kann. Jetzt wo sie so begehrt ist, gibt sie mir übrigens gern Beziehungstipps und vermutet ganz fachfraulich, dass ich mit Männern zu streng und anspruchsvoll bin, und darum keinen abbekomme...glückliche Leute sind einfach die Pest.

Nicht zum Landmarkt zu gehen, war am Ende dann doch ok, denn jetzt kommt es doch endlich - das Gewitter. Mein kluges Telefon behauptet übrigens noch immer, bei mir seien es 27 Grad und sonnig. Neulich stand ich an der Tankstelle und habe nur mal so aus Quatsch im Navigationssystem nach der nächsten Tankstelle gesucht - woraufhin es mich 21 km in eine andere Stadt weiterdirigieren wollte...soviel...dazu.


*Ich weiß noch immer, was du letzte Woche gegessen hast.

**Die Umkehrung der Gentrifizierung

NH

Donnerstag, 11. Juni 2015

Ich bin nicht schwanger. Ich bin dick.*

Beim Surfen im Internet und auf Fat-Acceptance-Seiten bin ich auf ein T-shirt mit obigem Zitat gestoßen. Es wird *Benazir Bhutto zugeschrieben. Die ehemalige Premierministerin Pakistans soll sich so gegen die unangebrachten Nachfragen von Journalisten gewehrt und außerdem noch hinzugefügt haben: "Und als Premierministerin ist es auch mein gutes Recht, dick zu sein, wenn ich das will."

Wir hier arbeiten ja mittlerweile auf Hochtouren daran, zu verinnerlichen, dass wir in dieser Hinsicht alle Benazir Bhutto sind, und alle das Recht haben, so zu sein, wie wir sein wollen. Und wie unsere Körper sind, geht andere einen feuchten Dreck an.

Dass dicke Frauen für schwanger gehalten und darauf dann auch noch angesprochen werden, ist ein gängiges Vorkommnis im Fundus der Demütigungen, die Dicken regelmäßig und offenbar weltweit widerfahren. Mir selbst ist es auch passiert: Ich war fünfzehn und nicht dick, aber bekleidet mit einem großen Schlabberpullover, weil ich ja immer dachte, ich sei dick und damit außerdem automatisch zu hässlich, um vollständig gesehen zu werden. Eine aufdringliche und offenbar komplett umnachtete Verkäuferin robbte sich breit grinsend an meine Mutter und mich heran und unterstellte meiner perplexen Mutter, dass sie "sich doch sicher freue, bald Oma zu werden". Mir ist immer mal wieder aufgefallen, dass Menschen, die nie von ihrer Umwelt für "zu dick" gehalten wurden, entsprechende Attacken und Peinlichkeiten aus dem Hinterhalt zunächst gar nicht so recht als solche begreifen, wenn sie mit ihnen konfrontiert werden. Erst als ich dann sagte, dass ich nicht schwanger sei, der Verkäuferin das Lachen aus dem Gesicht fiel und sie sich merklich entsetzt entschuldigte, wurde meine Mutter scheinbar überhaupt darauf aufmerksam, dass hier etwas vorgefallen war. Vielleicht tat sie aber auch nur so, als hätte sie nichts verstanden. Jedenfalls war sie keine Leuchte darin, mir hinterher dabei zu helfen, mich nicht mies und auf der Stelle ausgelöscht zu fühlen. Wie sollte sie denn - schließlich war sie ja auch immer und ständig die treibende Hauptakteurin in meiner Diät- und Selbsthasslaufbahn. Und um genau zu sein, erinnere ich mich gar nicht mehr, ob sie irgendetwas Tröstendes oder Stärkendes zu der Angelegenheit zu sagen hatte. Aber wie ich mich gefühlt habe, werde ich nie vergessen: Ich fühlte mich zutiefst wertlos und erschüttert, und das aus genau zwei Gründen: Erstens, weil mir diese grässliche Person wieder mal bestätigt hatte, dass ich offenbar wirklich unförmig fett sein musste, denn sonst hätte sie diesen "Fehler" nicht gemacht. (Und fett zu sein, war in meiner Welt schließlich schlimmer als alles andere.) Und zweitens hatte sie es für möglich gehalten, dass ich als Teenager Mutter wurde, und das, in meiner damaligen Welt, stempelte mich obendrein als asoziales Dummchen ab, das zu blöd war, um zu verhüten. Ein unbedachter, unverschämter Satz von einer taktlosen Idiotin, und ich lag am Boden. Lange. Noch heute wünsche ich ihr, dass ihr Haare auf dem Rücken wachsen mögen. So sie noch lebt.
*
Die Tatsache, dass diese Art der "Fehleinschätzung" wohl immerzu und überall passiert, scheint auf den ersten Blick einfach und unschuldig erklärt. Es ist halt ein leicht gemachter Fehler. Würden vermutlich die behaupten, die ihn machen.Mir hingegen ist es ja schlicht unbegreiflich, wie man einen schwangeren Bauch mit einem dicken Bauch verwechseln kann. Sie sehen überhaupt nicht gleich aus. Sie sehen schlicht komplett anders aus. Auch ein dicker und schwangerer Bauch unterscheidet sich meiner Auffassung nach deutlich von einem dicken Bauch...aber eigentlich ist das auch total egal.

Ich unterstelle ja gern vorsorglich immer erst einmal böse Absicht. Meiner Erfahrung nach spart das Zeit - und kommt meistens schon ziemlich genau hin.

Das Problem wäre nicht ganz so groß, wenn "schwanger" und "dick" gleichwertig, bzw. neutral besetzt wären. Die Feststellung, dass das nicht der Fall ist, erübrigt sich. "Schwanger" ist gut und kommt ja sozusagen mit einem "Mehwert" daher. Die einhergehende "Unförmigkeit" wird zumeist entschuldigt und ist ja bitteschön auch nur temporär (wenn nicht, wird es ganz schnell wieder kritisch). "Nur dick" ist immer schlecht. Und unentschuldbar. Und so kommt die Demütigung der Dicken automatisch mit der Auflösung (und der offensichtlichen Enttäuschung der peinlich berührten Angreifer) - denn nicht der kurzsichtige Schwachkopf, der sich geirrt hat, wird am meisten dabei beschädigt, sondern diejenige, die nur einfach mit ihrem Körper zur falschen Zeit am falschen Ort war. Sie und ihr Körper sind gar nicht "gut". Das Fett wird als das enttarnt, was es ist - als nutzlos, wertlos, unweiblich und als Zeichen von Faulheit und Versagen.

Ich bin überzeugt, dass diese Variante der Beleidigung Dicker in einer Vielzahl der Fälle durchaus bewusst angewandt wird, um deviante, weibliche Fettklopse daran zu erinnern, dass sie nicht nur unmögliche und hässliche Körper haben, sondern, dass sie, so die unterschwellige Botschaft, auch keine "echten Frauen" (weil unförmig aber nicht schwanger) sind.

Oben habe ich gesagt, dass es im Grunde egal ist, ob man schwangere und dicke Bäuche auseinander halten kann, oder nicht. Wenn ich es nicht könnte, würde mir hier trotzdem niemals ein nennenswerter Fehler unterlaufen.

WEIL ICH, VERDAMMT NOCHMAL, IM LEBEN NICHT DARAUF KÄME, UNGEFRAGT DIE KÖRPER VON WILDFREMDEN MENSCHEN ZU KOMMENTIEREN, WÄHREND ICH IHNEN INS GESICHT SEHE.

Ich würde niemals an einer Kasse stehen und zu der schwangeren Frau vor mir sagen: "Wann ist es denn soweit?" Denn es geht mich nichts an! Es soll ja Leute geben, die (mitunter ohne zu fragen) an ihnen unbekannte Bäuche fassen. Was die meiner Ansicht nach für ein solch ungeheuerliches Übertreten persönlicher Grenzen verdienen, mag ich hier gar nicht sagen. Denn obwohl Schwangerschaftsbäuche bei uns kulturell grundsätzlich bejubelt werden, habe ich gehört, dass auch das in der Praxis verdammt unangenehm und übergriffig werden kann.

Prinzipiell sage ich Menschen nur freundliche Dinge über ihren Körper. Aber das selbstverständlich dann auch nur in Situationen, in denen es erwartet und/oder wirklich angebracht ist. Ein Liebhaber freut sich bestimmt über Komplimente. Wenn ich dem Mann an der Kasse vor mir sage, was für schöne Hände er hat, macht er sich womöglich Sorgen, ob ich ihm später heimlich im Auto zu seiner Wohnung nachfahre. Darum lasse ich das halt lieber sein.

Auf einer anderen Website, einer Art Knigge für Männer, las ich dann folgenden Rat: Wenn mann glaubt, eine Frau sei schwanger, und er ihr deshalb seinen Sitzplatz im Bus anbieten will, soll er schlicht aufstehen und sagen: "Ladies first!" Damit kann ihm dann der oben erwähnte Fehler auf keinen Fall unterlaufen.

Ein schwangerer Körper ist nicht besser, als ein dicker Körper. Weil kein Körper besser ist, als der andere. Wir sind alle gleich viel wert. Egal wie schnell wir rennen oder wie hoch wir springen können, egal wie viele Zehen, Augen oder Beine wir haben. Egal wie alt, wie groß, wie klein, wie dünn, wie dick, wie männlich, wie weiblich wir sind.

*Nachtrag: Ich bin darauf hingewiesen worden, dass es natürlich auch body shaming ist, wenn ich mich über starke Behaarung an Frauenkörpern lustig mache. Das sehe ich ein, und wünsche der Verkäuferin nun stattdessen...eingewachsene Fußnägel - an ALLEN Zehen. Oder dass die Henkel ihrer Handtasche jedes Mal reißen, wenn sie gerade über die Ampel läuft. 

Ach, und noch etwas: Die Wahrscheinlichkeit, dass ich in Zukunft einen männlichen haarigen Rücken shame, ist weiterhin relativ groß. 


NH

Sonntag, 7. Juni 2015

Follow me around 25: It's a small world after all


Liebster Award


Ich bin schon vor einiger Zeit von Hendrikje, die ihr Blog hier führt: Septemberwelle, nominiert worden - für den Liebster Award. Vielen Dank dafür! : ) Teil des Awards ist ja wohl immer die Beantwortung einer Liste von Fragen, und nun komme ich endlich dazu, hier meine Antworten zu liefern. 

1. Hast du lange nachgedacht, bevor du deinen (ersten) Blog eröffnet hast, oder war das eher eine spontane Idee?
Ich habe schon ein wenig geplant, bevor ich mein Diät-Tagebuch gestartet habe. Das war 2005. Ja, das Blog gibt es seit 10 Jahren. Nur ist es natürlich heute ein anderer Planet.

2. Hast du schon mal ein Posting bereut? 
Nein. Ich bedauere es ein wenig, überhaupt jemals über Diäten geschrieben zu haben. Aber das ist alles. Es gibt ja die Regel: Wenn du es nicht auf dem Titel der Bildzeitung über dich lesen wollen würdest, stelle es auch nicht ins Netz. Daran halte ich mich, und bin gleichzeitig nicht sehr ängstlich, wenn es darum geht, persönliche Dinge zu teilen - schon allein darum nicht, weil ich noch immer glaube, dass das Private auch politisch ist, und ich bekanntlich eine Mission habe. Es ändert sich halt nichts, wenn keiner den Kopf aus dem Fenster hält.

3. Weiß dein näheres Umfeld dass du bloggst?

Ja! 
 
4. Falls du/ihr einen Garten habt: wer mäht den Rasen?

Ich habe keinen Rasen, für den ich persönlich zuständig bin. Den macht also der Gärtner. 

5. Wenn du wählen müsstest: Katze oder Hund? 
Naja...ich kenne da jemanden, der wäre not amused, wenn ich jetzt etwas Falsches sage. Aber ich mag natürlich Katzen und Hunde sehr. Ich wollte ja auch immer eine Dogge...

6. Stell dir vor, du bist unter der Woche krank, liegst auf der Couch und möchtest unbedingt fernsehen. Es ist 14 Uhr - für welches Programm/welche Sendung entscheidest du dich? 
Ich habe weder eine Couch noch einen Fernseher.

7. Wenn du die Chance bekämst, mit all deinen Erfahrungen noch mal 18 zu sein und neu anfangen zu können - würdest du etwas anders machen? (Beruf/Partner...)
Ja! Ich würde keine Diäten mehr machen. Und ich würde konsequent und total berechnend alle beruflichen Verbindungen und das Vitamin B, das mein Vater zu bieten hatte, ausnutzen und nicht, wie geschehen, aus Stolz ausschlagen.

8.  Was glaubst du, wie wir uns in 50 Jahren fortbewegen werden?
Ich wünschte, wir könnten uns hin und her beamen, aber ich glaube, es werden wohl eher Elektroautos sein, die von Computern gesteuert werden. Wenn ich mit über 90 noch immer im Stau stehen muss, werde ich jedenfalls sowas von sauer sein...

9. Kannst du stricken/häkeln/nähen? 

Nein. Nichts davon.

10. Auf wen oder was bist du manchmal neidisch? 

Ich bin neidisch auf jeden, der einen apfelgrünen Porsche hat. ; )

11. Bist du ein spontaner Mensch?
Eher nicht, denke ich. Ich weiß auch ganz ehrlich nicht genau, was das überhaupt bedeutet. Es scheint immer positiv gemeint zu sein und Lebensfreude zu implizieren. So wie in Fernsehwerbung für Margarine, wo sich Leute mit dem Gartenschlauch bespritzen...Ich plane auch jeden Fall eher viel und gründlich, sonst komme ich leicht durcheinander.


Kleine Gärten für kleine Frauen

Ich hatte schon immer etwas für Bühnen und Kunstwelten übrig. Als Kind habe ich Möbelgeschäfte geliebt, weil ich in ihren Ausstellungen immer so tun konnte, als wäre ich an Film-Sets.Ganz besonders mag ich allerdings auch solche, die in Schuhkartons oder Wassereimer passen - siehe unten. Tatsächlich habe ich insbesondere in den letzten Jahren in dem Bereich ein paar Arbeiten produziert.

Wenn doch alles so einfach abzuarbeiten wäre, wie das japanische Set für den Magic Garden, das ich bei The Optimistic Project in der hamburger Hafencity gekauft habe. Das war mal ein Produkt, bei dem das Foto auf der Packung vom Ergebnis im wahren Leben übertroffen wurde - zumindest was die Fluffigkeit der Bäumchen anging. Nachdem Corbi den Garten dann nach ein paar Tagen mit kräftiger Pfote und biestiger Begeisterung zerstört hatte, machte ich noch ein paar Fotos von einer Frau und einem Drachen in den Überresten, bevor das Ganze in die Tonne wanderte.

Ich wünschte, die Dinge würden einfach funktionieren. Aber das tun sie mehrheitlich einfach nicht. Meiner Erfahrung nach ist nichts jemals einfach einfach.









So ein Theater

Die Frage "Was will ich eigentlich im Leben?" stellt sich ja immerzu, wenn man keinen Anhang oder zukunftsorientierte Partnerschaft hat, und noch immer den selben Job macht, den man als Studentin mal begonnen hat. Der Plan war und ist ein anderer - das muss ich nicht mehr erzählen. Das habe ich ja schon so oft. Ich weiß nur nicht, wohin. Soll ich noch eine Ausbildung machen? Als was? Soll ich mein Buch endlich selbst verlegen, wenn es keiner für mich tut? Soll ich für das Alter sparen, oder doch lieber für einen Ausflug in ein japanisches Einkaufszentrum? Soll ich mich mit dem Alleinsein abfinden? Sollen Corbi und ich eine frauchenlose Dogge adoptieren? Die passt nicht in mein aktuelles Auto, und das Geld für ein Abendstudium müsste ich dann stattdessen in eine Huta (Hundetagesstätte) investieren.

Was meine Therapeutin für mich will, weiß sie ganz genau. Sie findet, wenn ich schon ohne Familie, Beziehung und solides Netzwerk aus Freunden bin, brauche ich wenigstens eine Gruppe, um wenigstens einmal pro Woche "unter Leute zu kommen", mit denen ich nicht arbeite, und aus denen vielleicht "Freunde" werden könnten. Sie entwickelt kühne Fantasien von mir in Yoga-Kursen oder bei ehrenamtlicher Wohltätigkeitsarbeit. 

Ich selbst hatte ja immer so eine romantische Vorstellung von der Mitwirkung in einer lokalen Amateur-Theatergruppe - diese resultierte vermutlich aus meinem Überkonsum betulicher, britischer Fernsehserien aus den 80er Jahren. Und weil ich an Freitagabenden selten etwas Besseres vorhabe, ging ich mit meiner Nachbarin zu der ersten Vorstellung eines Amateurtheaters meines Lebens. 

Es kann selbstverständlich durchaus sein, dass andere Theatergruppen anders sind. Vielleicht sollte man sich hiernach doch noch unverdrossen weitere ansehen. Und wenn etwas an der Darbietung nicht schrecklich war, dann die spürbar große Spielfreude, mit der einige der alters- und geschlechtsmäßig wirklich gut gemischten Mitglieder offenbar und trotz teilweise grober Unbegabung auf ihrer Bühne standen. Der Titel des Stückes war "Mörderstund ist ungesund", und so sehr mir einleuchtet, dass man eines wählen musste, bei dem viele eine Rolle abbekommen, kann ich schlicht noch immer nicht glauben, dass irgendjemand sich jemals irgendwo für eine Aufführung dieses Blödsinns entscheiden konnte. Und da zeigt es sich doch schon wieder: Ich eigene mich nicht für Gruppen. Und schon gar nicht für solche, die das, was sie tun, ausschließlich für sich und zum Spaß tun. Ich gehe auf keine Bühne, ohne mir vorher ziemlich ausladende Gedanken darüber zu machen, was ich da vor Publikum und für das Publikum zu tun gedenke. Ich bewerte immerzu und viel zu streng. Meine Gruppe muss mithin noch gebacken werden. 

Vielleicht wäre meine Einschätzung der Vorstellung eine andere, wenn meine Oma im Ensemble gewesen wäre. Denn vermutlich setzte sich das Publikum ohnehin fast ausschließlich aus Freunden und Verwandten der Darsteller zusammen. Obwohl ich keine meiner Großmütter persönlich kennengelernt habe, schließe ich allerdings, zumindest was meine Großmutter mütterlicherseits angeht, aus Schilderungen ihrer Persönlichkeit, die der meiner Mutter nicht unähnlich gewesen sein dürfte, dass auch sie eher dem Ich-mach-mich-doch-nicht-zum-Affen-Club angehörte. 

Während ich noch die Männer mittleren Alters unter den Schauspielern auf Attraktivität scannte (denn seien wir doch ehrlich - warum wohl sonst jemals eine Gruppe?), begann meine Nachbarin bereits nach einer halben Stunde, unruhig auf ihrem Stuhl hin- und herzurutschen, und raunte mir genervt zu, ob wir nicht doch lieber in die Eisdiele gehen wollten. Wir haben noch bis zur Pause ausgehalten und uns dann verdrückt. 

Sie braucht übrigens keine Gruppe. Sie ist 77 und hat gleich zwei glühende Verehrer, die sie täglich auf Trapp halten. Da kann ich selbstverständlich nicht mithalten, und um auf die Frage aus dem Award-Fragebogen zurückzukommen, auf was ich manchmal neidisch bin - ja, darauf auch. Wobei es sich bei beiden Herren um in letzter Zeit wiedergefundene und ursprünglich platonische Bekannte handelt. Mit dem einen ist sie zur Schule gegangen, den anderen haben sie und ihr Mann offenbar vor Jahrzehnten in der Hundeschule kennengelernt. Ein ähnliche Konstellation wünsche ich mir lieber nicht, weil mir aus meiner Schulzeit beileibe kein Junge einfällt, von dem ich mir heute gern nachstellen lassen würde. 
......

Die Möglichkeiten sind angeblich unendlich, aber ich sitze am Samstagabend wieder zu Hause und schmiere mir zum ersten Mal Argan-Öl in die neublonden Haare. Meine Göttin, was ist das denn für ein schrecklicher Geruch!?! ; )

Eine der ersten kleinen Welten - mittlerweile fast so alt, wie ein Dino.

"Doll House", 2012

"Other Worlds", 2012

2013


© Nicola Hinz 2015