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Fuck Minimalism! : ) |
DAS LIED DER DICKEN DAME
EIN BLOG-PROJEKT FÜR FETTAKZEPTANZ VON NICOLA HINZ
Sonntag, 20. Dezember 2020
FROHE FEIERTAGE!
Montag, 16. November 2020
Corona-Krise Tag 246...oder so...
Wie viele Pakete Klopapier habt ihr noch im Keller? Bei mir sind es mindestens noch sechs. Ganz sicher bin mir nicht, denn zuletzt habe ich noch zwei in ein momentan mal wieder unzugängliches Hinterland gepfeffert. Ja, als vor ca. zwei Wochen plötzlich und verwirrenderweise die Regale wieder leer waren, habe ich wieder mitgehamstert. Wieder aus Notwehr. Außerdem war ich heilfroh, dass ich meine Vorräte im Keller in weiser Voraussicht nicht aufgelöst hatte. Allerdings habe ich sie auch deshalb noch nicht aufgebraucht, weil ich im Moment nur schwer an sie herankäme. Nachdem ich den Kampf der Dinge im letzten Jahr eigentlich für gewonnen erklärt hatte, ist der Zugang zu meinem Keller nun schon wieder verstopft mit aufgeschobenen Entscheidungen, soll heißen mit ungeklärtem Kram. Jojo ist auch beim Ausmisten eine Realität. Und eigentlich hatte ich mir am Jahresanfang vorgenommen, noch 1000 Gegenstände aus meinem Haushalt zu verabschieden. Bisher habe ich jedoch nur 230 geschafft und bin was die letzten sechs Wochen betrifft nicht mehr übermäßig optimistisch.
Das Jahr war hart. Noch härter, als das davor. Ein echtes Valium-Jahr. Ein paarmal habe ich mir gewünscht, ich könnte mich betrinken, aber diese Variante der Abmilderung und Verdrängung ist mir schlicht versperrt, weil ich Alkohol nicht mag/vertrage. Zusätzliches Schlafen am Tag (wenn möglich) war in den letzten Monaten noch immer die sicherste Möglichkeit, sich wenigstens kurzzeitig aus allem rauszuziehen. Nun ist 2020 fast geschafft. Und das hier ist möglicherweise mein letzter Blogpost vor Weihnachten. Dabei hatte ich so große Pläne für das Blog (und für 2020), aber das Geschleppe durch die Corona-Realität, komplett mit Ansteckungs- und Existenzsorgen, war mal wieder zu anstrengend. Außerdem kam auch sonst allerlei Ungemach dazu. Fast wäre ich schon wieder aus der Linken ausgetreten. Hier ist die Entscheidung auch noch nicht gefallen, aber das Gemetzel ist einen eigenen Beitrag wert. Außerdem ist der Auslauf der Katze in diesem Jahr auf ein die Terrasse überspannendes Catio beschränkt worden, nachdem ich wegen meines freilaufenden Haustieres mehrmals von neuen aber auch alten Nachbar*innen bepöbelt und bedroht worden bin. Die Katze ist not amused und ich werde selbstverständlich von massiven Schuldgefühlen geplagt und habe meine Wohnung mit ausladenden Tiermöbeln vollgestellt, die keine unserer 14 Katzen vorher je besessen hat. Kratzbäume sind scheußlich, aber scheinbar genau das, was die Katze sich schon immer gewünscht hat. Jedenfalls scheinen sie die Empörung über die Freiheitsberaubung etwas abzufedern.
Der traditionelle Fragebogen zur Rückschau entfällt in diesem Jahr. Das gelegentliche Vision Board zum Jahresende ebenfalls. Trotzdem - meinen Soundtrack, bzw. meine liebste Musik 2020 würde ich doch noch gern abliefern. Auch aus gegebenem Anlass.
Swiss & Die Andern: Gangster vom Asylheim (Warnung: Video enthält Aufnahmen von Leichen)
ZSK: Make racists afraid again
Bela B: Deutsche - kauft nicht bei Nazis
Denn während der Rest von uns zu Hause sitzt, mit den Widrigkeiten des Lockdowns ringt und sehnsüchtig auf den Impfstoff wartet, zieht ein Mob aus 20.000 bis 45.000 (so ganz genau weiß es keiner) Nazis durch die Innenstadt von Leipzig und die Polizei hält es für "nicht verhältnismäßig", die bereitstehenden Wasserwerfer gefälligst auch einzusetzen. Jedenfalls nicht gegen Nazis. Wie hat uns der Polizeipräsident der Stadt doch so vielsagend belehrt: "Man bekämpft eine Pandemie nicht mit polizeilichen Mitteln, sondern mit der Vernunft der Menschen." Sprach's und ist offenbar urplötzlich nicht mehr so recht zuständig für die Durchsetzung von Gesetz und Ordnung. Also...nicht unter Nazis. Bei linken Protesten im Stadtteil Connewitz kamen offenbar zeitgleich vier Wasserwerfer und ein Räumpanzer zum Einsatz, als nur unweit davon Querdenker, ganz klar durchdrungen von menschlicher Vernunft und im Namen der Freiheit, Dutzende von Reporter*innen attackierten.
Gute alte Blindheit auf dem rechten Auge? Oder lag es doch vielmehr daran, dass es eine substantielle Anzahl von rechtsradikalen Sympathisant*innen innerhalb der Polizei gibt? Kommt mir bloß nicht noch einmal mit "alles nur Einzelfälle".
Und kommt mir jetzt bloß auch nicht mit "Ja, aber das sind doch nicht alle Nazis, die da demonstrieren". Wer das sagt und auch noch glaubt, hat schon wieder nicht richtig aufgepasst. Diese Eso- und Verschwörungsfaschos marschieren nicht zufällig mit der AfD und anderen Rechtsradikalen. Die sind alle Bewohner*innen des gleichen stinkenden, braunen Sumpflandes und haben sich genau dort gesucht und gefunden. Etwas Besseres als Corona konnte ihnen gar nicht passieren. Darum trommeln und tanzen sie maskenfrei auf den Straßen herum und träumen davon, die Verfassung umzuschreiben, während woanders eine steigende Zahl von Menschen auf Intensivstationen nach Luft ringt.
Es ist auch kein Zufall, dass die, die anderen Gruppen in unserer Gesellschaft Gleichheit und Freiheit und Menschenrechte grundsätzlich vorenthalten bzw. streitig machen wollen und alles tun, um die frei geäußerte Meinung anderer niederzuschreien (vor allem im Internet) jetzt auf den Straßen randalieren, um die "Freiheit" zu verteidigen. Ihre Freiheit. Denn ausgerechnet die Schutzmaske macht sie unfrei. Und Bill Gates will sie sterilisieren...kommt aber dabei irgendwie wohl doch nicht so richtig in die Puschen. Schade eigentlich.
Irgendwann hilft wirklich nur noch Cat Content...
Oder Schneckenpost zur Weihnacht...
Ursprünglich hatte die Aktion "Schneckenpost zu Weihnachten" den Zweck, meine ausufernde Sammlung von Weihnachtskarten abzubauen, und die Tradition danach, wenn auch schweren Herzens, nach und nach einzustellen - in Ermangelung von Reaktionen auf meine altmodische und gut gemeinte Post. Karten sind scheinbar nicht mehr in. Doch WhatsApp-Nachrichten sind in meiner Welt weiterhin nur ein kümmerlicher Ersatz.Freitag, 17. Juli 2020
Krempelgespräche Teil 1
Obwohl ich ihn im letzten Winter unter dem Eindruck des Erfolgserlebnisses in meinem Keller ausgerufen hatte - den großen Sieg - ist klar, dass ich mich zu früh gefreut hatte. Das Problem ist, dass noch immer zu viel seinen Weg in meinen Haushalt findet, das da gar nicht erst sein sollte. Während also Aussortieren in großem Stile nicht mehr das Hauptthema ist, geht es nun darum, Dinge gar nicht erst aufzunehmen und dann naturgemäß wieder verwalten und abwickeln zu müssen. Die genaue und kleinschrittige Auseinandersetzung mit einzelnen Gegenständen dient nach wie vor der Analyse und Betrachtung der emotionalen und gedanklichen Blockaden, die eine immer wieder daran hindern, sich schneller von Krempel zu lösen, was regelmäßig dazu führt, dass der Erhalt der Erfolge und Bemühungen der letzten Jahre in Gefahr gerät. Clutter-Jojo - the struggle is real!
Einen Teil 2 wird es noch geben, dafür wird schon neues Material gesammelt, was noch immer nicht besonders schwierig ist. Ich hoffe aber, dass ich dann selbst endlich genug von diesem Projekt gelernt habe. ICh WILL einfach endlich fertig sein. Und das nicht mit den Nerven. Allerdings ist da ja noch die Garage...
NH
Freitag, 29. Mai 2020
Na schön
Ich bezeichne mich ja gern als "Vogue-Leserin forever". Und ich erzähle immer wieder gern jeder, die es hören oder nicht hören will, dass ich als Teenager begann, das Magazin regelmäßig zu kaufen und es später dann für eine sehr lange Zeit in meinem Leben abonniert habe. Dieses vielleicht nebensächlich scheinende Detail meiner Sozialisierung biete ich stets gern aus zwei Gründen an:
1. In einer Zeit, in der wir naturgemäß am empfänglichsten sind für Kritik an unserem Äußeren bzw. für die Internalisierung von Attraktivitätsnormen saß ich mit eben jenem Organ allein in meinem Zimmer, das auch heute noch die rigidesten, einheitlichsten und selbstverständlich dünnsten Schönheitsstandards verschreibt, die frau sich (nicht selbst) ausdenken könnte.
2. Forever geht nicht mehr weg. So wie ich "Goth forever" (im Herzen), "Feminist forever" und "Vegetarian forever" (wenn auch mit Unterbrechungen) bin. Vorlieben, gepaart mit Überzeugungen und Haltungen, die uns in prägenden Phasen der Kindheit und Jugend gefunden und sich dann kräftig in uns entwickelt haben, werden wir nicht mehr los. Jedenfalls nicht einfach so. Das kann frau aktuell ja auch besonders beeindruckend an den Biographien von mittelalten Neonazis nachvollziehen.
Wenn frau dann noch die These hinzuzieht, dass wir im Laufe unseres Lebens schlicht sehr viel weniger persönliche Veränderungen durchmachen, als wir gerne denken, ist klar, warum mir meine internalisierten Vogue-Regeln auch heute noch zum Verhängnis werden, wenn es um mein eigenes Hauptthema der letzten Jahre geht: Fettakzeptanz. Ich bin streng. Mit mir selbst und mit anderen. Je nachdem, um welches eingeprägte Wertesystem es geht, kann das ok oder ziemlich verheerend sein. Meine Vorstellung von Schönheit und mein Blick auf mich und andere war bis vor Kurzem auf jeden Fall fast so etwas wie eine eigene Abteilung des Zynismus.
Dass Vogue und Feminismus sich in meiner Welt nicht ohnehin ständig gegenseitig auf die High Heels getrampelt sind, sondern über Jahrzehnte gut miteinander klar kamen, liegt daran, dass die Vogue keine Kochrezepte, Beziehungstipps, oder Glossen über Problemzonen enthält. Dass ihr Schönheitsdiktat nicht viel mit "Empowerment" und sehr viel mit der systematischen Schwächung von Frauen zu tun hat, ist mir schon lange irgendwie klar. Aber es war mir eben nicht BEWUSST. Bis heute entgleitet mir dieses Wissen. Als Kundin am Kosmetik-Counter im Kaufhaus. Aber eben auch als dicker Frau, die um Selbstakzeptanz kämpft - ja, noch immer kämpfen muss.
Bekanntlich war es dafür auch nötig, den Wunsch nach annähernder Normschönheit (denn die erlangt frau grundsätzlich niemals wirklich, so lange sie dick ist) erst einmal in einer langen Serie von Selbstportraits abzuarbeiten. (Motto: "Dicke können auch schön sein.")
Gestern habe ich noch einmal in klassischer YouTube-Tradition Make-up aussortiert und mich dabei gefilmt. Die meisten Produkte, die ich behalten habe, sind uralt. Sie stehen für vieles - auch für mein Bedürfnis, Dinge für den Ernstfall zu horten. Oder für das ideale Ich der Vergangenheit, das ebenfalls noch immer gelegentlich hier herumschabt, wie ein träger Hausgeist. Eine Anzahl von Produkten habe ich behalten, weil sie nun einmal Lebenssouvenirs und mit bestimmten Stationen verbunden sind. Gesichtspuder und Lippenstifte als Markierungspunkte in der eigenen Biographie...ich hatte doch bestimmt schon erwähnt, dass ich auch noch Lippenstifte meiner Mutter besitze...? : )
NH
Mittwoch, 13. Mai 2020
Fettphobie erkennen leicht gemacht
"Es liegt mir fern, mich zu streiten ohne Dir meine Meinung aufzwingen zu wollen." (Aus einem Facebook-Kommentar zum Blogpost "Dick, dumm, faul und hässlich")
Klar, das ist ein Typo, aber wie freudsch können Vertipper bitte sein? Oder die Autokorrektur auf dem Gerät der Verfasserin kann sie schlicht nicht leiden. ; )
Denn Fettphobie kann ich quer über den Stadtpark hinweg riechen. Das ist meine Superpower. Außerdem, und das habe ich bestimmt schon einmal erwähnt, unterstelle ich immer vorsorglich böse Absicht. Damit liege ich bei den Trollen meistens richtig und spare Zeit und Nerven.
Aber um ganz ehrlich zu sein, dachte ich mir diesmal auch, dass aus dem Ganzen womöglich Material für einen guten Blogpost herausspringen könnte.Und siehe da - auf fettphobische Rechthaber*innen ist Verlass - die reagieren und liefern immer. Wenn halt auch immer das Gleiche. In diesem Fall in einem Schwall von laaangen, schnell aufeinander folgenden Kommentaren von ein und derselben beharrlichen Frau, die sich das letzte Wort diesmal am Ende trotzdem nur dadurch sichern konnte, mich zu sperren.
Wie gesagt: In der Kommunikation mit fettphobischem Publikum läuft es fast immer gleich ab (wenn frau sich darauf einlässt). Wortreiche und gehäufte Einlassungen (die ich im Folgenden um der Erträglichkeit willen gekürzt habe) sind nur das erste Merkmal dafür, dass hier jemand mit hoher emotionaler Investiertheit auf dem Kriegspfad ist - und zwar gegen das Recht anderer auf Gleichbehandlung.
Zweitens wird wiederholt betont, dass es nicht das Ziel sei, zu beleidigen. Selbst wenn die Beleidigung auf dem Fuße folgt. Auch wird immer gern alle Gute gewünscht, vermutlich, um sich nicht vorwerfen lassen zu müssen, man/frau wäre aggressiv oder auch nur unhöflich gewesen. Durch falsche Höflichkeit versuchen Trolle, das Siegertreppchen gleich von Anfang an zu besetzen. Sie werden dir ins Bein schießen, und wenn du Ihnen dann den Mittelfinger zeigst, hast du in ihrer Welt verloren, weil du nicht höflich geblieben bist.
Inhaltlich beginnt alles immer gern damit, dass frau kurzerhand die Opferrolle an sich reißt:
Frau XY: Das sind aber ganz schön viele Vorurteile Menschen gegenüber, die nicht dick sind.......Das meiste in dem Text sind Vermutungen und Unterstellungen (...) denn nicht alle Menschen halten "Dicke" für dumm, faul und/oder hässlich. Es soll tatsächlich Menschen geben, denen der Charakter wichtiger ist als die Figur.
Ich: Nein, natürlich nicht alle. Aber im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang verbessert das die Situation von Dicken leider nicht wirklich. Und das bilden sich Dicke nicht ein. Um Fettphobie aus nächster Nähe zu betrachten, muss frau weiterhin nichts Anderes tun, als den Fernseher einzustellen oder eine Frauenzeitschrift zu öffnen. Oder - in vielen Fällen - mit ihren Freundinnen Kaffee trinken und ihnen dabei zuhören, wie sie darüber klagen, zu dick zu sein. Dabei bemerken sie oft gar nicht, dass ihnen ja eine dicke Person gegenüber sitzt. Die meinen das dann nicht einmal böse. Die Angst vor dem Fett sitzt nur so verdammt tief.
Ich fand das (für meine Verhältnisse) wirklich diplomatisch. Aber es kam sofort, wie es kommen musste - der Verweis auf die vermeintliche Gefahr für die Gesundheit, also DIE Nahkampfwaffe aller Fat-Shamer*innen. Außerdem setzt augenblicklich die Belehrung der dicken, doofen Frau ein, dass sie an ihrem Unglück ganz allein schuld ist und die Welt einfach nur deshalb falsch versteht, weil sie mit sich selbst eben nicht zufrieden ist.
Frau XY: (...)ich selbst bin normalgewichtig und möchte nicht übergewichtig sein. (...) Das bedeutet jedoch nicht, dass ich erwarte, dass alle so denken wie ich. In meiner Familie und im Bekannten-/Freundeskreis gibt es Menschen die ganz dünn sind und stark Übergewichtige. Wenn das Thema Übergewicht mal zur Sprache kommt (...), dann geht es immer um die Gesundheit oder die körperlichen Einschränkungen, NIE um das Aussehen/Äußere. Mein Gefühl (und meine Erfahrung) ist, dass häufig Negatives in Gesagtes interpretiert wird. Häufig scheinen das Menschen zu sein, die selbst mit sich unzufrieden sind.(...)
Ich: (...) Allein der Gebrauch der Begriffe Normal- und Übergewicht zeigt ja, dass an Dicken offenbar etwas "unnormal" ist. Auch aus der Sicht von jemandem, dem der Körperumfang doch eigentlich egal ist.
An diesem Punkt ist das Repertoire der meisten Fat-Shamer*innen im Prinzip bereits erschöpft. Wenn frau mal von offenen Beleidigungen absieht. Es umfasst tatsächlich nicht viel mehr als das:
1. Das Betonen der eigene Opferrolle - hervorgerufen dadurch, dass sie vermeintlich nicht oder falsch verstanden werden. Denn auch das ist stets die Schuld des Gegenübers.
2. Verharmlosung von Diskriminierung, bzw. die Weigerung anzuerkennen, dass Menschen Erfahrungen mit Diskriminierung haben, die man/frau selbst nicht hat und darum nicht persönlich kennt. (siehe: Thin Privilege)
3. Belehrung von oben herab, dass Dicke es selbst in der Hand haben, wie sie sich fühlen und von der Gesellschaft wahrgenommen werden. Zum einen könnten sie ja abnehmen. Zum anderen könnten Sie auch einfach ihre negative Einstellung ändern, denn dann würde die Welt sie auch besser behandeln. (Hier schwingt immer gern Esoterik mit, bzw. die gute alte Schule des gezielten positiven Denkens, von dem wir mittlerweile alle wissen sollten, dass es nicht nur nicht funktioniert, sondern auch psychisch regelrecht krank machen kann.)
4. Dicksein ist in ihrer Welt auf jeden Fall schlecht für die Gesundheit und das gibt jedem und jeder das Recht, sich in die Angelegenheiten von Dicken einzumischen, um sie vor sich selbst zu schützen.
5. Bezweifeln, dass ein dicker Mensch sich überhaupt, so wie er ist, wohlfühlen kann.
6. Betonen, dass man/frau Dicken ja nicht zu nahe treten will bzw. nichts gegen Dicke hat, ABER...
Ab hier kann frau dann nur noch mit Variationen der immer gleichen Motive rechnen.
Frau XY: Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht....."Normalgewicht".... Allerdings lese ich dort eine Unterstellung heraus.?! (...) Horch doch einmal in dich hinein und sei ehrlich zu dir selbst. Auch in mir siehst du eine Böse, statt es positiv zu sehen. Schade...
Ich: Diskriminierung ist keine Einbildung. Bei dem Thema geht es um etwas mehr als blöde Blicke und unbedachte Bemerkungen. Noch nie darüber nachgedacht? Dann ja vielleicht jetzt.
Frau XY: Neee, da gibt es wichtigere Dinge, über dich gewillt bin nachzudenken.Das Leben ist immer das was jede/r Einzelne daraus macht. Wer es sich unnötig schwer macht (...) muss selbst damit klar kommen. (...) Wer sich liebt (...) wie er/sie ist, wird auch positiv durchs Leben gehen. Die Fehler (...) bei anderen Menschen zu suchen ist einfach. (...) Darüber könntest du vielleicht mal nachdenken, wenn es dir wichtig genug ist. (...)
Ich muss zugeben, jetzt wurde ich langsam doch ein wenig knatschig, obwohl ich mich ja bewusst in den Austausch begeben hatte.
Ich: Oh, du große Göttin. (...) Dass das Leben das ist, was man daraus macht, kannst du ja auch gern mal einem hungernden Kind in der Sahelzone erzählen. Das Leben ist Zufall. Und du hast offenbar Glück gehabt, dass du so locker über Benachteiligung reden kannst. Entweder, weil du keine Erfahrung damit hast, oder nicht darunter leidest, bzw. dahingehend resilienter bist als andere. Aber auch das ist dann Glück.
Frau XY: Nun ja, du bist meinen Argumenten ausgewichen und wirst nun leider unsachlich. Dann fühlst du dich vielleicht ganz wohl in deiner dir selbst auferlegten "Rolle". (...)
Ich: Welche Argumente? Dass Dicke selbst an ihrer Diskriminierung schuld sind? Das ist tatsächlich ganz genau das, was Fettphobiker immer irgendwann sagen. Es ist sozusagen ihre Vereinslosung.
Frau XY: Es liegt mir fern,mich zu streiten ohne Dir meine Meinung aufzwingen zu wollen. In deinem letzten Kommentar interpretierst du meine Kommentare und ich bin sprachlos.(...) Nicht jeder Mensch ist die negativ gesinnt. Mein Eindruck ist, dass du regelrecht danach suchst. (...) Wer sich so akzeptiert wieder/sie ist, ist auch nicht angreifbar. (...)
Ich: Es bringt auch nichts, den gleichen falschen Sermon immer und immer wieder auszuschütten (...). Wie willst du denn z.B. einer Frau mit dunkler Hautfarbe erklären, dass ihre Diskriminierung, die du hoffentlich nicht auch relativieren würdest, mit ihrer Selbstliebe zusammenhängt? Bitte, komm gar nicht erst auf die Idee.
Needless to say - natürlich kam sie auf die Idee. Und so kam es dann auch zu einem bemerkenswerten Finale. Danach nahm sie mir, wie erwähnt, die Möglichkeit, ihr erneut zu antworten. Ich habe unsere Unterhaltung auf Facebook inzwischen gelöscht, damit man sie nicht identifizieren kann. Obwohl ich bei meinen Leser*innen nun wirklich nicht befürchten müsste, dass sie ihr nachstellen. ; )
Nun, vielleicht ist ihr das Aussehen von Menschen auf gönnerhafte Weise wirklich nicht wichtig. Dass Hautfarbe oder Körperumfang keine Rolle spielen dürften, steht außer Frage. Trotzdem hält sie es in ihrem letzten Kommentar für auffällig nötig, das noch einmal zu betonen, so als hätte ich, die doofe Dicke, schon wieder etwas nicht verstanden. Irgendwie kann ich hier ziemlich klar das Echo von "Ich habe ja nichts gegen Dicke (Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind), aber..." hören. Es ist schon bemerkenswert, wie konsequent die ungerechte Lebensrealität anderer offenbar ausgeblendet bzw. händewedelnd abgetan werden kann, wenn man/frau selbst nicht betroffen ist.
Frau XY: Diskriminierung ist etwas ganz Schlimmes (...). Eine Frau mit dunkler Hautfarbe hat eine dunkle Hautfarbe.....na und? Der Mensch zählt, der Charakter (...) Und das muss die betroffene Person verstehen. (...) Ich weiß nicht wie alt du bist.....vielleicht fehlt ein wenig Lebenserfahrung (Anmerkung der dicken Dame: Hahaa, ja klar. In meinen Träumen.) Respektlos finde ich, dass du meine Meinung als falsch abstempelst. (...) Allerdings stellst du dich damit auf eine Stufe mit den Menschen, die du hier "anklagst". Du wertest...(...) Habe nun Besseres zu tun und wünsche dir, dass du zumindest über meine (...) Anregung nachdenkst. Vielleicht kannst du dann etwas positiver durchs Leben gehen. (...) Dann wirst du gar nicht mehr so viele "Diskriminierungen" erleben.
Und jetzt ein paar Worte zur Selbstliebe
Nachdem vielen von uns ein Leben lang eingehämmert worden ist, dass sie im falschen Körper unterwegs sind, der der Welt obendrein angeblich lauter Negatives über die Persönlichkeit der Körperinhaberin verrät, ist sie oft ein sehr hart erkämpfter Schatz, wenn frau sie erlangt hat. Ein positives Selbstbild, Selbstakzeptanz oder Selbstliebe puffern und schützen und machen es uns leichter, in in einer fettphobischen Welt unser Leben selbstbewusster, freier und mutiger zu leben - oder an manchen Tagen auch nur zu überleben.
Darum bin ich tatsächlich davon überzeugt, dass es ein sinnvolles und lohnendes Ziel ist, seine Selbstakzeptanz zu entwickeln und zu stärken. Denn natürlich müssen wir jetzt gerade in der Welt zurechtkommen, in der wir uns augenblicklich befinden. Ich gebe dazu hier ein paar Tipps zum Einstieg. Für die meisten von uns ist Selbstakzeptanz aber auch ein langwieriges Projekt - vermutlich mit einigen Rückschlägen. Davon kann ich in der Tat ein langes Lied singen.
Eine Verpflichtung dazu, sich selbst zu lieben oder zu akzeptieren hat allerdings niemand. Genauso wenig, wie es eine Verpflichtung zum Aktivismus oder zu politischer Mitarbeit gibt. Und was stets klar sein muss, ist, dass wir nicht schuld daran sind, wenn wir uns mit unserem Körper und unserem Selbstbild als Dicke im Krieg befinden. Wir wären nie von allein darauf gekommen, unsere Körper nicht zu mögen, wenn wir es nicht durch die Welt beigebracht bekommen hätten. Wir sind obendrein nicht dafür zuständig, uns mit ausreichend stabiler emotionaler Rüstung auszustatten, nur damit für alle anderen alles so bleiben kann, wie es ist.
Ich verwende den Vergleich immer wieder gern: Sich Selbstakzeptanz zu erarbeiten und zu erhalten ist für Dicke in unserer Gesellschaft wie unter einem Wasserfall schwimmen zu lernen. Die Missachtung, Respektlosigkeit und Diskriminierung durch Gesellschaft, Medien und Politik hören nicht auf, während wir versuchen, einen freundlichen Blick auf uns selbst zu entwickeln. Wir arbeiten also daran, gut zu uns selbst zu sein, während Vorurteile und Verächtlichmachung uns weiterhin auf den Kopf prasseln. Das ist ein ziemlicher Kraftakt.
Selbstakzeptanz entfaltet jedoch keine magische Wirkung im Außen. Schon gar nicht grundlegend im Hinblick auf die Benachteiligung von dicken Menschen. Das tun nur Protest und klar geäußerte Forderungen. Da draußen muss sich etwas ändern.
NH