Montag, 25. April 2011

Metamorphosen

Umgeben von Ostereiern und mit einem Kopf voll wüster, wilder Gedankenknoten kann schon so Einiges passieren. Ich für meinen Teil habe mich mit Farbe eingerieben und auf Leinwände fallen lassen – eine Übung, die ich nur empfehlen kann. Besonders, wenn man mit dem eigenen Körper mindestens eine Rechnung offen hat und der Ausgang noch mehr als ungewiss ist. Wie runde, bunte Insekten sehen sie aus, meine Bauchklatscher. Wobei es sich bei den Facettenaugen um meine Brustabdrücke handelt. Ich zeige sie auch alle her (die Bilder - nicht die Brüste, jedenfalls ist das im Augenblick nicht Stand der Planung). Hier. Und vielleicht in einer kleinen Ausstellung. Irgendwann in diesem Jahr, wenn die Bilder ganz fertig und ich bereit bin.

Denn die Antwort auf die Frage, wohin die Reise geht, ist so unklar wie nie zuvor. Dick bleiben oder dünn werden? Und ich höre schon alle rufen: GESUNDES MITTELMASS! Oh bitte…WAS soll das sein? Von Mäßigung verstehe ich viel. Denn das tut jede dicke Dame. Beim Essen und auch sonst. Ich sage nur: Dicke Mädchen sind nette Mädchen. Dass mich das besonders gesund gemacht hat, kann ich nicht wirklich behaupten. Wer versucht, gleichzeitig nach Paris und Oberfelsberg zu reisen, der wird nirgends ankommen. Punkt. Bei Experten heißt dieses Prinzip dann ja auch noch immer gern „Der Weg ist das Ziel“.

Es geht bei mir nicht mehr um Kleidergrößen. Es geht um echte, schlotterige, nervöse Selbstidentität. Und ich habe nur fast vier Jahrzehnte gebraucht, um an diesen Punkt zu kommen. Das ist doch mal was. Die Vorstellung, sich wirklich und wahrhaftig gegen eine weitere Diät zu entscheiden, wäre mir noch vor einigen Monaten vorgekommen, wie eine Einladung zur Bata-Illic-Karaoke-Nacht. Jetzt ist das etwas anders.

Was ich NICHT meine: Die Idee vom Dünnsein aufzugeben, „weil man es ohnehin nicht schafft“. Ich rede nicht davon, sich mit leisem oder auch augenzwinkerndem Bedauern „abzufinden“, und „trotzdem“ Freude am Leben zu haben (so nett die Frau Asgodom auch ist). Jeder kann dünn werden. Aber zum ersten Mal in meinem Leben entsteht in mir die Vorstellung, dass es nicht nur ein grotesker Unfall ist, dass ich dick bin, sondern dass es womöglich ein integraler Bestandteil meiner eigenen Identität ist, der gar nicht verändert werden SOLLTE.

(Wenn hier jemand von euch in seiner Entwicklung schon weiter ist als ich – ich freue mich auf jeden Fall über Erfahrungsaustausch: office(at)nicola-hinz(dot)com)

Ferner habe ich unlängst so eine Art Wette abgeschlossen. Zwar werde ich mich nicht mit im Winde wehender Fettschürze vom Dreimeterbrett stürzen, an einem Samstagnachmittag, bei praller Sonne...und es vorher noch mit einem Megaphon ankündigen – aber was ich vorhabe, ist trotzdem eine Art Mutprobe für mich: Ich habe die Aufgabe, im Badeanzug in ein öffentliches Schwimmbad zu gehen, und zwar nicht erst in drei Monaten, sondern möglichst gleich. Das mag albern klingen, aber ich habe das – wie so vieles – seit Jahren nicht gemacht, und auch nicht in meiner aktuellen Größe. Ich hatte gar keinen passenden Badeanzug. Mein Kleiderschrank spuckte nach langem Suchen etwas aus, das mit mir im Augenblick so viel zu tun hat, wie ein Edmund Stoiber mit Rhetorik:


Ich will mich hier nicht schon wieder über die Unbill des Kleiderkaufs in Übergrößen auslassen, aber ehrlich: Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, dass es vorteilhaft ist, dicken Frauen in Badebekleidung nun zusätzlich so eine Art Gardine (wahlweise mit Fransen oder Pailletten) um den Leib zu schlingen? Da kann man nur hoffen, dass man sich beim Sprung ins kalte Wasser nicht verheddert und sich an den Pailletten schneidet. Aber, jajaja, lassen wir das verbiesterte Gejammer (zumindest für den Augenblick)…ich habe dann ja Glück gehabt, und noch etwas Passendes gefunden.

Krawumm!

Darf ich vorstellen, das wahre Leben. Aber wenigstens in angenehm unaufdringlicher Farbgebung und mit gnädiger Raffung in allen kritischen Abteilungen.

Wenn ich mich u. U. dafür entscheide, nicht mehr abzunehmen, dann muss ich mich so, wie ich jetzt bin, im Badeanzug unter Leute wagen. Und Leute gucken womöglich. Aber ich werde mich selbstverständlich NICHT dafür entscheiden, nie mehr an einem öffentlichen Ort ins Wasser zu gehen…
Vielleicht übe ich ja erst einmal an einem einsamen See……Bei Nacht. ; ) NH