Sonntag, 10. Januar 2016

Die dicke Dame sucht die Liebe / Ausgelesen: ...

Marie Laveaus's Everything-You-Need Xecutive Voodoo Kit for Love, gekauft 1997 in New Orleans, nie benutzt - offenbar...

Bauer attackiert Frau

Und am ersten Tag des Jahres war es dann (fast) soweit. Endlich, nach 20 Jahren, würde ich mal all das anwenden können, was ich im Selbstverteidigungskurs im (Frauen-)College gelernt hatte. Erst zwei Finger gezielt und scharf in die Augen rammen, dann mit aller Kraft zwischen die Beine treten und dann alles tun, was noch nötig ist, um genug Zeit zu haben, um sich in Sicherheit zu bringen. Was einer durch den Kopf geht, wenn sie plötzlich annehmen muss, jetzt könnte es zum ersten Mal in ihrem Leben so richtig brenzlig werden, weil ein notgeiler Großgrundbesitzer (siehe "In Eile") sie nach dem gemeinsamen, ganz friedlichen Abendessen auf einem eiskalten und mäßig beleuchteten Parkplatz trotz deutlichen Protests festhält und sich anschickt, ihr die Kleider vom Leib zu reißen, war zunächst einmal für den Bruchteil einer Sekunde dieses. Dann schoss mir ernsthaft Jenny Holzers Arbeit "Men don't protect you anymore", durchs Hirn, direkt gefolgt von der rettenden, inneren Ermahnung: "LÄRM MACHEN! LÄRM MACHEN! LÄRM MACHEN!" (Danke, Wells College.) Als ich anfing ihn anzuschreien, ließ mein Angreifer mich tatsächlich los, sprang in sein Auto und fuhr ab. Ich stieg in meins und legte meinen Kopf in die Hände. Dabei stellte ich fest, dass ich im Gerangel offenbar einen meiner Ohrringe verloren hatte. Ich habe ihn nicht wiedergefunden. Ich beweinte ihn ein wenig. Und mich auch.


Die Bibliothek des Grauens

Im Grunde schien es nach dem letzten Erlebnis dann beinahe ein wirklich sinnloses, müßiges Unterfangen, tatsächlich noch die Ratgeber zur Partnersuche durchzugehen, die ich mir vor Weihnachten aus der Bücherei mitgenommen hatte. Aber ich tat es trotzdem, denn ich witterte, wie so oft, allerschaurigste Realsatire. Und behielt Recht.

"Wer sagt, dass Männer glücklich machen?", Eva Gerberding und Evelyn Holst, 2013

Beide Autorinnen sind übrigens verheiratet und haben Kinder in die Welt gesetzt. Darüber, dass Kinder womöglich auch nicht glücklich machen, haben sie sogar ein Zweitbuch geschrieben. Dem vorliegenden Bändchen merkt frau selbstverständlich von vorn bis hinten an, wie heilfroh die Schreiberinnen sind, nicht zu ihrer sitzengebliebenen Zielgruppe zu gehören, und so beginnt das Ganze dann auch munter mit eben diesem Vergleich: Sich mit Größe 44 abzufinden, ist, wie sich mit Männerlosigkeit abzufinden. (S.11) Besser wäre es, nicht so fett zu bleiben, aber man kann halt trotzdem eine lustige Dicke/Singlefrau werden, denn wenn wir nicht in der Lage wären, unseren Kummer über die verpatzte Partnersuche zu verdrängen, "würden wir alle zu verkniffenen, Männer hassenden Furien werden." (S.13) An diesem Punkt wurde mir natürlich klar, dass ich vermutlich nur vom bloßen Weiterlesen zur Furie werden würde, aber ich tat es trotzdem. Und lernte, dass ich für Sex und Fortpflanzung keinen Mann brauche. Ich kann es mir doch tatsächlich selbst machen und Sperma kann ich per Post bekommen. Und da Männer in ca. 125.000 Jahren aufgrund ihres genetischen Defektes (das Y-Chromosom) aussterben werden, gewöhnt frau sich ohnehin am besten beizeiten daran, ohne sie auszukommen. Na, das ist doch mal tröstlich.

Und dann kommt das Klagelied der achtundreißijährigen Conny: "...ich (habe) das Gefühl, als wäre ich die Einzige, die es nicht geschafft hat. Das, was vor mir Millionen von Frauen anscheinend mühelos hinbekommen haben: einen Mann zu finden, der sie heiratet." (S. 24) Dass Conny keinen abkriegt, ist kein Wunder. Denn sie hat vermutlich schon wieder viel zu hohe Ansprüche: "Es ist einfach so, je weniger wir erwarten, desto mehr bekommen wir. Je anspruchsvoller wir sind, desto größer ist der Haufen verschreckter Männer, die sich in die Arme pflegeleichterer Frauen flüchten." (S. 29) Die höchsten Singlequoten haben statistisch akademisch gebildete Frauen und "bildungsschwache" Männer. Also muss eine "tolle" Frau ihre tollen Ansprüche aufgeben, oder allein bleiben. Frau hätte jung "zugreifen" müssen (S. 52), aber da hat sie eben immer gedacht, da kommt noch etwas Besseres. Und sie wollte ja außerdem unbedingt erst ihr Studium beenden und ein wenig Karriere machen. Selbst schuld also.

In den Augen der Autorinnen sind Frauen auch daran selbst schuld, dass sie zu schnell und viel zu sehr lieben, und Männer so zusätzlich in die Flucht treiben, denn "nichts finden Männer lästiger, als Frauen, die sie mit Liebe zuschütten" (S.62). Welcher Mann kann das auch wollen - eine gebildete, selbständige Frau, die ihn aus voller Seele liebt? Apropos Seele, auch die Eva und die Evelyn versteigen sich gern zu eben jener Theorie, die ich hier auf dem Blog schon mehrmals und auch jetzt als esoterischen Bullshit bezeichne: Nur mit leichter Seele und ohne den Wunsch, einen Partner zu finden, wird frau angeblich doch noch einen finden. (S. 57) Darum raten die Autorinnen dazu, sich den Partnerwunsch regelrecht abzutrainieren. Ich frage mich indessen, ob die beiden so auch nach ihren Autoschlüsseln suchen. Die nächste biologistische Unterstellung folgt sogleich: "Früher oder später ist der Kinderwunsch da." (S.74) Es sei denn, so die Autorinnen, frau ist ein etwas wunderliches Exemplar mit leicht rabiater Grundeinstellung. Also so eine wie ich.

Am Ende plädieren die Autorinnen dafür, sich mit einer "kleinen" Liebe zufrieden zu geben. Das mag resignativ sein, ist aber angesichts der faktischen Unvermittelbarkeit der hoffnungslos überqualifizierten Akademikerin mit ihren neurotischen Erwartungen und der wummernden biologischen Uhr womöglich die reife und pragmatische Lösung, um nicht zu sagen, der letzte Ausweg. Und immerhin: "Verheiratete Männer sind oft die besseren Liebhaber, weil sie sexuell ausgehungert und deshalb sehr dankbar sind." (S. 123) Hm, Man-Sharing also...

Im Sinne der Selbsterkenntnis schließt das Werk mit einer Typisierung der Frauen, die unter Garantie jeden noch so bindungswilligen Kerl abschrecken. Während man Männer sehr wohl mit "Sex und guter Laune" einfangen könne, seien diese weiblichen Exemplare auf jeden Fall hoffnungslose Fälle (ab S. 171). Meiner persönlichen Analyse zufolge, handelt es sich bei mir selbst um eine hochexplosive Mischung aus der "Naturbelassenen" (politisch korrekt), der "Bedürftigen" (mag Duftkerzen und hat immer eine 2. Zahnbürste da), sowie der Dauernörglerin (denn die ist nie zufrieden).

All das giftige Gegurgel gegen Männer und vor allem Frauen findet dann auch am Ende sein polterndes Finale in folgender Festellung: "Okay wir sind uns einig, dass zu unserem Lebensglück nicht unbedingt ein Mann gehören muss, aber dass es (...) natürlich MIT schöner ist als OHNE." (S. 175) Ja, die Großbuchstaben sind Teil des Zitats. Soll vermutlich heißen: Männer sind Scheiße. Aber Frauen ohne Männer sind noch viel scheißer.

"Die Diva Taktik - Warum starke Frauen bei Männern ein leichtes Spiel haben", Martin Fraas, 2010

Martin Fraas stimmt den Autorinnen der oben durchlittenen Lektüre nicht zu. Er behauptet schlicht, Männer wollten "lieber eine stolze Löwin als ein braves Schaf." (S. 12) Außerdem sagt er, was immer und immer wieder gern in Ratgebern für Singlefrauen steht: Männer wollen angeblich nichts, was sie leicht haben können. Diese Theorie beißt sich allerdings mit der Feststellung, die sich ebenfalls durch alle hier besprochenen Ratgeber zieht, nämlich, dass Männer gern den Weg des geringsten Widerstandes wählen, bzw. in Beziehungen mitunter regelrecht faul seien. Außerdem ist der Rat, sich als Frau rar zu machen, meiner Auffassung nach in der Regel nichts anderes, als eine puritanische Ermahnung, nicht gleich mit jedem ins Bett zu hopsen. Fraas schlägt tatsächlich vor, Kandidaten erst nach 5 Dates mit Sex quasi zu belohnen. Da ist sie auch schon wieder, die alte Unterstellung: Männer wollen Sex dringender, als Frauen - darum können und sollten Frauen ihn auch taktisch und im Prinzip zur Manipulation nutzen. Außerdem hat der Autor folgenden Rat zu vergeben: "Strahlen Sie unmissverständlich und selbstbewusst aus, dass es keine echte Alternative zu Ihnen gibt." Das klingt gut. Gleichwohl habe ich sofort erst einmal auf YouTube nach einem Tutorial gesucht. Das erklärte dann auch, warum ich beim "Diva-Test" am Ende des Buches mit nur 28 von 60 möglichen Punkten total abgeschmiert bin: "Sorry, aber auf dem Weg zur Diva haben Sie noch Nachholbedarf. (...) Nehmen Sie sich ganz bewusst vor, ab und zu auch Ihren verrückten Seiten eine Chance zu geben." (S. 154) Ehrlich jetzt?! Na, wenn der Martin das sagt...

"Scheißkerle", Roman Maria Koidl, 2010

Wie der Titel u. U. vermuten lässt, ist der Autor nicht sehr optimistisch, wenn es um Beziehungen und insbesondere die Rolle seiner Geschlechtsgenossen darin geht. Anders, als vielleicht zu vermuten gewesen wäre, ist der Titel nicht ironisch gemeint.

Wie schon die Eva und die Evelyn, spricht auch er von "mehr guten Frauen als guten Männern" (S. 14). Soll heißen: Statistisch setzt sich die Gruppe derjenigen, die keinen Partner abgekriegt haben, mehrheitlich aus akademisch ausgebildeten "Superweibern" und "männlichen Hartz-IV-Empfängern" zusammen. Das führe dazu, dass Frauen ihre Ansprüche zwangsläufig herunterschrauben und sich nicht selten mit irgendwem zusammentun würden, nur um nicht ganz ohne Anhang zu sein. Der Autor scheint diesen Umstand ehrlich zu bedauern und versucht zu warnen: Dass Männer mit Frauen, die sie eigentlich gar nicht so besonders toll finden, mehr oder weniger feste Beziehungen eingehen, sei tatsächlich die Regel, und kein Einzelfall. Wenn ein Mann verliebt sei, dann würde die gemeinte Frau das auch auf jeden Fall wissen, denn "wenn ein Mann es ernst meint, setzt er Himmel und Hölle in Bewegung, um sie zu erobern." (S. 45) Außerdem gibt er zu bedenken, dass es "keine "komplizierten" Situationen mit Männern" gibt. "Wenn eine Situation mit einem Mann "kompliziert" ist, ist sie immer verlogen. Ohne Ausnahme." (S. 48) Die entscheidende Frage ist in einer Beziehung mit einem Mann also laut Koidl nicht, ob er einen guten Charakter hat, sondern vielmehr, ob sein Interesse groß genug ist. Das bestimmt sein Verhalten innerhalb der Verbindung.

Tatsächlich hat der Autor noch ein paar andere, eigentlich ganz hilfreiche, weil auf gesundem Menschenverstand basierende Hinweise (ab S. 215):

1. Frau sollte die Reißleine konsequent und zeitig ziehen.
2. Eine Geliebte spielt für immer die zweite Geige.
3. Wenn ER sich keine Mühe gibt, sollte frau die Sache beenden.
4. Was schon am Anfang kompliziert ist, wird vermutlich niemals blühen.
5. Frau sollte die Suche dennoch nicht aufgeben, aber sich klar darüber sein, dass die Voraussetzungen halt stark erschwert sind.
Und schließlich:
6. "Suchen Sie sich einen Kerl, der Sie liebt." (Tutorial?...Anyone?)

"Wann kommt denn endlich der blöde Prinz auf seinem dämlichen Gaul! 100 Tipps, wie Sie Ihren Traummann finden", Oliver Stöwing, 2009, vom Grabbeltisch

Auf dem Rückcover wird der Autor dieser Perle als "Frauenflüsterer" bezeichnet. Sollte frau den Herrn Stöwing ernsthaft irgendwann, irgendwo flüstern hören, sollte sie rennen, rennen, rennen, was die Absätze hergeben.

Laut Stöwing braucht frau für die "Prinzenjagd (...) Zeit, Energie und Geld." (S. 19) Was sie auch braucht, wenn sie darauf besteht, sich Stöwings Ergüsse komplett zu Gemüte zu führen, sind verdammt starke Nerven.

Ich werde mich darauf beschränken, nur eine Hand voll  seiner absurden und teilweise unerträglich langatmigen "Tipps" wiederzugeben:

1. Das Ziel, einen Partner zu finden, sollte in zeitliche Etappen unterteilt werden, z.B. Bis Mitte Juli Sex haben.
2. Manche Frauen "leiden an Futtersucht und verringern dadurch ihre Marktchancen."
3. Frau sollte Frauen nachahmen, die bei Männern erfolgreich sind (Diese leuchtenden Beispiele nennt der Autor "Mrs. Wunderbar", S. 74.)
4. "Ein sexy Body braucht Bewegung." (S. 86)
5. "Hunger ist kein Defizit, das sofort behoben werden muss." (S. 93) Und ja, der Autor meint den Hunger nach Essen.
6. Und was die Handtasche betrifft: "Für ein Date wählen Sie besser ein schlichtes, zeitloses Modell mit dezentem Label." (S. 151)
7. "Ein Quasselhuhn wird ihm schnell auf die Nerven gehen." (S. 156)
8. "Männer wollen fitte Frauen." (S. 191)
9. "Packen Sie mit an, wenn es etwas zu tragen gibt." (S. 193)
10. "Zügeln Sie Ihre Launen!" (S. 196)
11. "Ein Mann muss nicht aussehen, wie Hugh Jackmann, damit Sex Spaß macht." (S. 206) (Anm. d. dicken Dame: Wer ist Hugh Jackmann?)
12. "Forcieren Sie niemals das Thema Kinderkriegen..." (S. 265)
...

13. Was immer Sie tun: Verschwenden Sie nicht Ihre letzten fruchtbaren Jahre damit, bescheuerte Ratgeber von frauen- und im Prinzip ebenso männerhassenden Idioten zu lesen. 

NH