Ich wohne in Aumühle. Das ist ein am Sachsenwald gelegener Villenvorort am Rand von Hamburg. Als solcher ist er der natürliche Lebensraum der ältesten und weißesten Männer, die es gibt. Mit Jagdschein, Porsche Cayenne und dem unerschütterlichen Wissen, dass Ihnen alles, was sie haben, seien es Dinge oder Privilegien, auch absolut zusteht. Das ist ja vermutlich genau das, was einen alten, weißen Mann ausmacht: Der Mangel an Selbstzweifeln und Reflektiertheit gepaart mit der Weigerung, endlich Verantwortung für die Konsequenzen der eigenen Lebensweise und Welthaltung zu übernehmen.
Wenn ich übrigens einen Euro hätte für jeden Fall, in dem sich ein alter, weißer Mann in meinem Wohnort anschickt, mir in seiner panzerartigen Dreckschleuder die Vorfahrt zu nehmen und dann wutentbrannt mit den Händen fuchtelt und mir einen Vogel zeigt, weil ich nicht für ihn bremse, dann hätte ich mittlerweile ein ganz hübsch gemästetes Sparschwein. Möge diese Anekdote als Symbol dienen für die grundsätzliche Sicht der Dinge durch die Brille alter, weißer Männer: Im Unrecht sein, andere gefährden und dann um sich schlagen, wenn jene Anderen sich das nicht mehr gefallen lassen.
Sie sind das Problem. Und das hört natürlich niemand gern. Gleichzeitig ist es in der Tat so, dass sie ein Problem sind, dass sich wenigstens zum Teil auf natürliche Weise erledigen wird. Zumindest in den USA wird vom Census Bureau nämlich für 2044 damit gerechnet, dass die Bevölkerungsgruppe der weißen US-Amerikaner ab da zahlenmäßig zur Minderheit wird, bzw. dass ihr Anteil unter 50% fällt. Das wird höchstwahrscheinlich erhebliche Auswirkungen auf kommende politische Wahlergebnisse haben. Es soll Leute geben, die auch das nicht gern hören wollen. Darunter vermutlich haufenweise alte, weiße Männer. Dabei sollten die sich vermutlich besser mal Sorgen um die Auswirkungen des Klimawandels im Jahr 2044 machen. Aber das setzt natürlich voraus, dass man an den Klimawandel glaubt.
Meine Feststellung, dass der alte, weiße Mann das Problem ist, ist natürlich schon wieder schrecklich undiplomatisch und unausgewogen - und geradezu gemein. Das liegt daran, dass ich undiplomatisch und gemein bin. Nicht so Sophie Passmann, deren Buch "Alte weiße Männer" ja den Untertitel "Ein Schlichtungsversuch" trägt. Ich dachte, das sei ironisch gemeint und griff munter zu. Natürlich hätte ich mir die Lektüre auch gleich ganz ersparen können, hätte ich die Rückseite nur aufmerksamer gelesen, denn dort attestiert Anne Will der Autorin, "unbestechlichen Feminismus" gäbe "es auch in lustig". Lustiger Feminismus...der Traum aller Maskulisten.
Ob der Feminismus der Frau Passmann unbestechlich ist, würde ich auf jeden Fall für fraglich halten. Dass er nicht sehr entschlossen ist, liegt zumindest in diesem Werk klar auf der Hand. Besonders lustig fand ich das Ganze dann auch nicht mehr. Für ihr Buch hat sie Männer aus Medien und Politik getroffen und sich mit Ihnen über das Thema Feminismus unterhalten. Den Zugang zu diesen Männern ermöglichten ihr ein gewisser Bekanntheitsgrad (Neo Magazin Royale, Zeit Magazin, etc.) und (meine Vermutung) die zu erwartende Harmlosigkeit.
Das Problem der Frau Passmann ist, dass sie Zugang nicht nur bekommen, sondern ganz offenkundig auch behalten wollte, nachdem das Buch veröffentlicht worden war. Nur einer der Kotzbrocken wird auch am Ende als solcher portraitiert werden - der unsägliche Rainer Langhans. Anderen Antifeministen wie Ulf Poschardt oder Kai Diekmann wird am Ende keine Rechnung serviert, nicht für Überheblich- noch für regelrechte Schlüpfrigkeiten, offenbar weder im Gespräch selbst noch hinterher im Buch. Die Frau Passmann findet (fast) alle ihre Gesprächspartner klug und wundert sich umso mehr, dass sie dumme Witze machen, die sie ihnen dann aber auch "entspannt durchgehen lässt" (S. 109) - und das immer und immer wieder.
Ein wenig ist es so, als ob die Frau Passmann ein Buch über schräge Blind Dates geschrieben hat. Es gibt viel Weißwein und ständig wird gegessen. Meistens will sie das Gegenüber lieber nicht wieder treffen, aber lässt dennoch ein gerüttelt Maß von deplatzierten Flirtversuchen und Anbiederung über sich ergehen, weil alles andere vermutlich zu peinlich oder unhöflich wäre.
Ein ums andere Mal weiß die lustige Feministin aber auch gar nichts mehr zu sagen: "Ich öffne den Mund, sage aber nichts." (S. 252); "Mein Mund steht offen." (S. 253); "Ich presse die Lippen zusammen." (S. 80). Bei dieser Art des feministischen Kampfes haben alte, weiße Männer nicht viel zu befürchten. Dabei sagt Passmann in ihrem Vorwort selbst: "Die Machtfrage wird nie höflich gestellt..." (S. 11). Dann tut sie das genaue Gegenteil und das wird dann gedruckt. Vorsatz für 2020: Keine schlechten Bücher mehr lesen.
Natürlich gibt es auch alte, weiße Frauen. Das erste Mal, als ich diese Bezeichnung öffentlich gehört habe, beschrieb sie Barbara Schöneberger als Reaktion auf deren grotesken Rant über Männer, die Make-up tragen. Erst beledigt sie dicke Menschen, jetzt mag sie auch keine geschminkten Männer...ich glaube ja die Frau Schöneberger ist gar keine Frau, sondern ein alter, weißer Troll.
NH
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