Donnerstag, 5. Oktober 2023

An die Arbeit

 

Go ahead. Make my day.

(Clint Eastwood in Sudden Impact, 1983)


Der Ex liest scheinbar mit. Und die neue Partnerin schreibt mir jetzt regelmäßig Briefe -  randvoll mit Beschimpfungen. Das ist einerseits beängstigend und meiner ohnehin schon angeschlagenen Verfassung nicht wirklich zuträglich.

Andererseits ist es natürlich hochinteressant. 

So wie vieles an der gesamten Situation - wenn Frau schließlich die Ruhe findet, die verstreuten Einzelteile genau unter die Lupe zu nehmen. 

Ich habe ja schon an anderer Stelle darüber gesprochen, wie dankbar ich bin, durch das Unglück des Verlassenwerdens zum Schreiben zurückgefunden zu haben. Die große Krise des plötzlichen Beziehungsendes war quasi die Wiedergeburt des Blogs. Endlich hatte ich wieder Zeit, Grund und Drive zu schreiben -  so merkwürdig das vielleicht noch immer anmutet.

Die Dankbarkeit dafür ist in der Tat ziemlich unendlich. Die Rückkehr zum Schreiben war offenbar die vielzitierte Tür, die sich inmitten all des Terrors, der mir in den letzten Wochen nur so um die Ohren geflogen ist, plötzlich für mich geöffnet hat.

Es hat öfter Phasen in meinem Leben gegeben, in denen ich buchstäblich um mein Leben geschrieben habe. Meistens als sehr junge Frau und mit der Hand. Und nicht für eine Veröffentlichung geeignet. Das ist diesmal anders. 

Ich setze mich nun endlich zurück an den Schreibtisch und mache mich an den lang geplanten Roman - allerdings mit einem ganz neuen thematischen Kernstück: Schlammschlacht, Verrat, Betrug und Psycho-Thrill. Das könnte dann womöglich sogar mal ein Erfolg werden. : ) Und weil wir das Jahr 2023 haben, muss ich nicht einmal auf eine*n Agent*in oder einen Verlag warten, um das Buch auf den Markt zu bringen. Das kann frau heute ja bequem selbst. Ein Toast auf Amazon und BoD! : ) Mit Cola Zero wohlgemerkt - Alkohol verträgt sich nicht mit meinen Medikamenten...

Was lustig klingt, ist halt noch immer ziemlich blöde Realität. Ich habe bereits davon erzählt, dass ich zum ersten Mal nach Jahrzehnten wieder regelmäßig Beruhigungsmittel nehme. Und das tue ich selbstverständlich weiterhin, bis ich mich stabil genug fühle. Ich habe auch über die besondere Erfahrung von Passive Suicidal Ideation (die Vorstellung, dass es besser wäre, nicht mehr zu leben, aber ohne konkrete Pläne, sich zu töten) die ich nun in meine lange Liste von (Er-)kenntnissen aufnehmen kann, berichtet. Es wäre mir nach wie vor lieber, mir wäre nicht passiert, was mir passiert ist. Aber nun ist u.a. ein neues Projekt aus den Trümmern entstanden. Und das ist eine wirklich gute Überraschung.

Eine Lehre über das Schreiben, die ich schon lange mit mir herumtrage, stammt aus einer Sitcom. Ich weiß nicht mehr, wie sie hieß, wer mitspielte oder irgendetwas. Ich erinnere mich nur an eine Episode, in der eine erfolgreiche Schriftstellerin eher widerwillig einem/einer Ratsuchenden Folgendes mitgibt: Schreibe das, von dem du nicht willst, dass sie es wissen. Es war mir bisher gar nicht bewusst, aber im Prinzip ist es das, was ich seit Jahren bereits tue. Ich schreibe und zeige auf dem Blog Dinge, die anderen unangenehm wären. Und mich auch ein wenig Überwindung kosten. Auf jeden Fall denke ich, dass ich diesen Grundsatz für meinen angepeilten kleinen Roman ebenfalls beherzigen und ausbauen sollte.

"You know who you are. And you will be in the book."*

Als ich dem Ex vor ein paar Wochen davon erzählte, dass ich in all der Trauer und Einsamkeit zu einem vor langer Zeit bereits angefangenen Manuskript zurückgefunden und ein wenig daran gearbeitet hätte, hat er sich scheinbar noch für mich gefreut. Wie niedlich im Rückblick. Da wusste ich allerdings auch noch nicht, dass der alte Entwurf nur das Gerüst für eine ganz frische Arbeit sein würde.

Es ist noch nicht so lange her, dass er den Kontakt komplett abgebrochen hat. Das erfolgte, als ich erfuhr, wer die neue Partnerin ist und ihm die Neuigkeit mitteilte. Offenbar war dieses Detail etwas, was unter allen Umständen hätte geheim bleiben sollen. Ich persönlich frage mich ja noch immer, warum eigentlich. Dass diese Information für mich kein Geheimnis blieb, nimmt er offenbar ausgerechnet mir übel. Das ist womöglich Geschmackssache, aber ich wäre ja eher auf die Quelle sauer. Ich würde mich vermutlich fragen, von wo die Information indiskreterweise eigentlich in die Welt hineingeraten ist (und zwar offenbar so gründlich, dass sie es überhaupt durch die Welt bis zur Ex-Freundin geschafft hat). Es würde vermutlich auch helfen, endlich einmal ganz genau hinsehen. Also, am besten mit offenen Augen.

NH


*Rue McClanahan