Ich habe dann mal ein klassisches "Vorher"-Foto gemacht. Im verhüllenden Hänger (wenn auch mit Querstreifen) und ohne Make-up. Mit verdammt kleinen, müden Äuglein. Im eigenen Garten, im fahlen Licht des vergangenen Nachmittages. Und ja, das sind Gartenclogs. Es ist eines von diesen Fotos, die ich vor ein paar Monaten nur über meine Leiche veröffentlicht hätte. Es ist ein Foto, das ich selbst noch immer gar nicht so gut aushalten kann. Die Abbildung hat mehrere Ebenen. Zum einen ist es ironischerweise und gezwungenermaßen mal wieder ein klassisches "Vor-der-Diät-Foto". Wobei man natürlich nur einfach den Vorhang ausziehen müsste, um in diesem Fall einen spontanen Abnahmeeffekt zu erzielen. ; )
Ein weiterer Aspekt ist allerdings die Verhüllung, und die Tatsache, dass ich dieser Tage zwar sehr wohl über eine für meine Verhältnisse mutige UND passende Garderobe verfüge, die ich aber noch immer nicht besonders mutig ins Leben und auf die Straße getragen habe. Wie ich auch schon erwähnt habe: Im Schlüpper abgebildet zu werden, fällt mir tatsächlich leichter, als in einem bunten Schlauchkleid. Dabei habe ich im Gespräch mit Theo erst damit angegeben, dass ich heute auch problemlos in Latex einkaufen gehen könnte. Ich will bestimmt nicht, dass er am Ende Recht behält, aber in Wahrheit fühle ich mich in wirklich auffälliger Fatshion noch immer verkleidet. Und irgendwie ausgeliefert. Ein nicht ganz unerheblicher Teil von mir möchte sich im Alltag weiterhin lieber verstecken. Hier meint das "Vorher"-Foto also "vor den neuen Kleidern".
Ich weiß die Tatsache zu schätzen, dass bunte und daher sichtbare dicke Körper eine wichtige Nachricht an die Umwelt senden. Die öffentliche Sichtbarmachung des Fettes ist eine wirksame Strategie, die Akzeptanz dicker Körper zu erhöhen. Meine persönliche Erwartung an Fatshion ist außerdem, dass mein eigenes Selbstbewusstsein als dicke Frau weiter wächst.
Gleichzeitig habe ich ja schon lange nichts mehr übrig für die allgegenwärtige Makeover-Kultur, in der wir leben. Wer sich aus seinem vermeintlich eher unattraktiven Ausganszustand mit mehr oder weniger großem Aufwand erfolgreich herauspellt und sich gängigen Schönheitsstandards so gut wie möglich anpasst, wird in der medialen Aufbereitung oft mit nicht weniger als einer Wiedergeburt belohnt. Und Wiedergeburt steht für ein neues Leben, das ohne die Veränderung nicht möglich wäre. Und das steht natürlich diametral dem gegenüber, was ich für den Kern von Selbstakzeptanz halte - Leben darf eben gerade nicht aufgeschoben werden, bis die Fassade in einen "gesellschaftlich akzeptablen" Zustand gebracht worden ist.
Also: Ich will nicht herkömmlich vorteilhafter aussehen, sondern kühner. Und vielleicht etwas wacher...Und ich werd's euch dann zeigen. Buchstäblich. ; )
NH