Das hier wird am Ende womöglich ein echter Tagebucheintrag.
Vor Kurzem hat mir jemand gesagt, dass ich der Typ Frau bin, der doch garantiert ein Tagebuch führt. Ich habe vergessen zu fragen, was das wohl für ein Frauentyp ist, aber recht hatte derjenige zufällig trotzdem.
Das ist natürlich nicht wirklich ein Geheimnis - schließlich hat dieses Blog mal als "Diät-Tagebuch" begonnen. Überhaupt war ich immer sehr gründlich in der Archivierung meiner persönlichen Geschichte und Befindlichkeiten. Und das seit 1984. Da war ich zwölf, schwer verliebt in John Taylor von Duran Duran und wurde am 31.Oktober Vegetarierin (das sollte für die nächsten 12 Jahre so bleiben). Ich machte Diät, hatte oft Kopfweh und Zukunftsängste und arbeitete unablässig daran, ein besseres Ich zu werden. Auch dazu dienten die Aufzeichnungen - zur ständigen Selbstüberprüfung. Außerdem sprach ich mit meinem Tagebuch in der ersten Person. Es war ein "Du".
Im Laufe der Jahre kamen zum Haupttagebuch dann sogar noch andere Bände hinzu, um bestimmte Unterkategorien abzudecken - Ernährungstagebücher, Bücher mit Tageszielen und Tagesbewertungen und vor zwei Jahren ein Online-Dating-Tagebuch, das mittlerweile, wie bereits berichtet, schon wieder im Ruhestand und halbleer ist. Außerdem habe ich seit 2000 ein "Freubuch", gebunden in rosa Wildseide, in dem nicht der Alltag sondern nur herausragend gute und glückbringende Ereignisse festgehalten werden sollten. Bisher enthält das Buch zwanzig Einträge, davon sind sieben aus dem Jahr 2013.
Inzwischen fülle ich mein vierzigstes Tagebuch. Allerdings nicht mehr sehr regelmäßig. Der letzte Eintrag ist vom 16. Juni. Das Bedürfnis der ständigen Selbstbespiegelung sinkt offenbar, obwohl es sicher noch immer ziemlich ausgeprägt ist.
Es gab Zeiten, in denen habe ich buchstäblich um mein Leben geschrieben. Um eine minimale innere Ordnung zu erhalten und sich tatsächlich an irgendetwas festzuhalten - und wenn es ein Füller war. Heute rettet mich das Schreiben nicht mehr so zuverlässig. Manchmal strengt es mich regelrecht an, einen Stift zu halten, dann wieder macht mir die Alltagsanalyse eher Angst oder Kopfzerbrechen, als dass sie mich beruhigt.
Tagebuchseite - Mittneunziger |
Liebes Tagebuch,
ich wünsche mir, dass mir etwas einfach Wunderbares passiert. Etwas Kühnes, Großes und Wildes. Wie ein freundliches Gewitter. Etwas, das ich selbst nicht ausdenken könnte und dann kaum glauben kann. Und am besten gleich.
Gute Nacht
Nicki
Freubuch in Pink zwischen Tagebuch Nr. 1 (grün) und Nr. 40. |
NH
Der 'Typ Frau'... wenn ich das schon lese. Frechheit! Aber naja, manchmal stimmen Vorurteile und wer wenn nicht man selbst soll das eigene Leben dokumentieren... leider nimmt einen selten jemand so wichtig wie man sich selbst. Als ich Alice Schwarzer's Bio "Lebenslauf" gelesen habe, hat sie glaube ich im Prolog berichtet wie sie die Kalender etc. der ganzen Vorjahre vor sich versammelt um ihr Leben rekonstruieren zu können. Ist bei mir nachhaltig hängen geblieben (das man besser solche Doku aufhebt, weil man sonst die eigenen High- oder Low-Lights vergessen könnte). Du hast jedenfalls ein Händchen für geschmackvolle Kladden. Und ansonsten wollte ich anmerken, dass dieser Eintrag mich nostalgisch macht oder deprimiert (undecided). Dinge berühren einen ja besonders, wenn man sich ein bißchen erkennt. Manchmal kann ich nicht einschlafen, weil ich hoffe, dass der Tag überraschend doch noch etwas 'Wunderbares'... unerwartetes zu bieten hat. Und als ich neulich halbherzige Tagebuchversuche aus meinem 15. mit welchen aus meinem aktuellen Lebensjahr verglich stand fast das gleiche darin. Ich hätte mich nicht mehr erschrecken können über eine so gewaltig große Lücke zwischen subjektiver und objektiver geistig-emotionaler Entwicklung!
AntwortenLöschenNun gut, ich stoße jetzt jedenfalls auf dein 41stes an... der Juni ist zu lange her und vernachlässigte Ansprechpartner ("du, Tagebuch") könnten da auch schon mal gekränkt sein. ;-)
Alles Liebe, Vicky
@Vicky
AntwortenLöschenOoooh, das mit den identischen Inhalten aus Jugendtagen kenne ich auch nur zu gut - und es macht mich ebenfalls immer wieder ausgesprochen betroffen. Alles was sich seit den verzweifelten Pickeljahren wirklich so richtig verändert hat, ist die Handschrift. Verdammt... ; )
Ich stoße an auf und wünsche uns ein fettes, freundliches Gewitter, dass mal so richtig die Tagebuchblätter zum Rauschen bringt!
Liebe Grüße
Nicola
Ich persönlich habe die Leute, die Tagebuch führen oder führten, stets bewundert. Ich selbst war zu faul. "Leider" muss man da schreiben, denn in meinen bisherigen Lebensjahren ist doch schon das ein oder andere bemerkenswerte Ereignis vorgefallen, welches es wert gewesen wäre, es aufzuschreiben.
AntwortenLöschen40 Bücher.... Wow. Das ist toll :)