"I feel pretty" war ein schwächliches Filmchen.
Der Grund, warum die Beschäftigung mit dem Thema "Schönheitsnormen" in Mainstream-Medien meistens schief läuft, ist, dass zu viel Verwirrung in den Köpfen der Macherinnen herrscht. Und niemals auch nur ansatzweise genug freie Radikalität. Das ist in diesem Falle allerdings umso verwunderlicher, als dass frau immer dachte, Amy Schumer mangele es zumindest an Letzterem nicht.
Die Protagonistin Renee, dargestellt von Amee Schumer, knallt im Spinning-Kurs vom Heimtrainer, schlägt sich bös den Kopf an und sieht sich fortan mit neuen Augen: Sie hält sich für umwerfend normschön. Tatsächlich war das ein von ihr vorher geäußerter Wunsch, einmal im Leben zu erfahren, wie es ist, "undeniably pretty" (unbestreitbar hübsch) zu sein. Allerdings ist sie die einzige, die sich selbst als "wunderschön" im Spiegel sieht. Alle anderen sehen genau das, was auch schon vorher da war. Und da fängt der Ärger für die aufmerksame Zuschauerin schon gleich an. Denn es ist also ein Missverständnis, dessen beharrliche Nicht-Auflösung mit jedem neuen Begebnis ein immer größeres Rätsel wird und ganz klar macht, dass keiner der Beteiligten besonders hell bzw. mit normalem Menschenverstand ausgestattet ist, das den ganzen seichten Film trägt. Die Freundinnen begucken die neue, unausstehlich selbstverliebte Renee, als ob sie den Verstand verloren hat, fragen aber nie so richtig nach. Die fragen nie: Was hat dich denn bloß so verändert? Auch alle anderen um Renee herum sind offenbar schlicht viel zu höflich, um auch nur ansatzweise Verwunderung oder leichte Indignation zu äußern, wenn Renee die eigene, umwerfende Schönheit besingt. Sogar Naomi Campbell wird nicht deutlich genug. Warum Renee eine grässliche und hektische Aufschneiderin werden muss, bloß weil sie glaubt, neuerdings einem Supermodel zu gleichen, bleibt übrigens ebenso ungeklärt. Kurzum: Eine Handlung, die nur läuft, weil alle Mitwirkenden sich komplett unnatürlich verhalten, bringt mich regelmäßig dazu, den Bildschirm anzuschreien. Im Kino war das ja aber nicht möglich. Ich muss sagen, dass war alles ausgesprochen stressig für mich. Obendrein litt ich zwischendrin immer wieder unter üblen Ugly-Betty-Flashbacks.
Und was ist jetzt eigentlich der verdammte Punkt?
Renee, die glaubt, nun für alle Welt sichtbar normschön zu sein, aber es gar nicht ist, wird allein durch diese innere Veränderung kühner, selbstsicherer und damit auch in der Außenwelt erfolgreicher - im Beruf (bei einer Kosmetikfirma) und bei Männern. Besonders bei Männern. Und sie traut sich, an einer Schönheitskonkurrenz teilzunehmen und sich auf der Bühne Wasser über das T-shirt zu schütten.
Fazit wäre dann vermutlich wieder das gute, alte "Liebe dich selbst, ändere deine Einstellung, und dann wird alles gut". Wir haben es ja angeblichh selbst in der Hand, wie uns die Welt begegnet. Und wir sind selbst verantwortlich, zuständig und selbst schuld, wenn's doch nicht gut läuft. Als Beweis muss im Film ein Model mit Selbstzweifeln und Beziehungsproblemen herhalten. Die kriegt ihr Leben trotz perfekter Hülle nicht auf die Reihe. Das ist ein echt uralter, abgegrabbelter Hut und außerdem eher nicht zutreffend als doch. Außerdem wird die bloße Gültigkeit sowie die Notwendigkeit/Wichtigkeit von Körpernormen und Schönheitsstandards mal wieder nicht in Frage gestellt.
Der Film ist, wie gesagt, eine Enttäuschung.
Aber nicht aus den Gründen, aus denen Amy Schumer und ihr "neuer Film" nach seinem Erscheinen im Internet shitstormartig kritisiert wurden. Dort warf frau ihr vor, dass sie selbst zu normattraktiv sei, um die Rolle überhaupt zu spielen, denn wenn so jemand wie sie sich wegen ihres Aussehens angeblich so fertig macht, was sollen denn dann bitteschön erst die machen, die noch viel weniger ins Schema passen? Sie fanden also, Amy Schumer sei nicht "hässlich" genug, um sich glaubwürdig im eigenen Körper schlecht zu fühlen - und betrieben damit unterschwellig und auf regelrecht idiotische Weise Bodyshaming. Offenbar gab es (auch mal wieder) in ihrer Welt, Körper, deren Inhaberinnen sehr wohl gute Gründe hätten, sich ihres Aussehens wegen mies zu fühlen. Aber der von Amy Schumer gehört (noch) nicht dazu. Nun könnte man sich natürlich fragen, wo genau da die Grenze verläuft. Ab wann sollte ich mich denn unzulänglich fühlen dürfen? Wie sähe ich denn dann aus? Nun...bei meinem Gewicht würden mir die verwirrten Kritikerinnen von Amy Schumer wahrscheinlich mehr Verständnis in dieser Hinsicht entgegenbringen. Natürlich demonstriert diese Art der Kritik aber auch nur wieder die unlösebare Verhaftung der meisten Leute im Glauben an die Bedeutung und und Gültigkeit von Schönheitsstandards. Sie sollten alle nachsitzen. Und tausendmal "Schönheitsnormen schaden allen Menschen" an die Tafel schreiben.
NH
Der Grund, warum die Beschäftigung mit dem Thema "Schönheitsnormen" in Mainstream-Medien meistens schief läuft, ist, dass zu viel Verwirrung in den Köpfen der Macherinnen herrscht. Und niemals auch nur ansatzweise genug freie Radikalität. Das ist in diesem Falle allerdings umso verwunderlicher, als dass frau immer dachte, Amy Schumer mangele es zumindest an Letzterem nicht.
Die Protagonistin Renee, dargestellt von Amee Schumer, knallt im Spinning-Kurs vom Heimtrainer, schlägt sich bös den Kopf an und sieht sich fortan mit neuen Augen: Sie hält sich für umwerfend normschön. Tatsächlich war das ein von ihr vorher geäußerter Wunsch, einmal im Leben zu erfahren, wie es ist, "undeniably pretty" (unbestreitbar hübsch) zu sein. Allerdings ist sie die einzige, die sich selbst als "wunderschön" im Spiegel sieht. Alle anderen sehen genau das, was auch schon vorher da war. Und da fängt der Ärger für die aufmerksame Zuschauerin schon gleich an. Denn es ist also ein Missverständnis, dessen beharrliche Nicht-Auflösung mit jedem neuen Begebnis ein immer größeres Rätsel wird und ganz klar macht, dass keiner der Beteiligten besonders hell bzw. mit normalem Menschenverstand ausgestattet ist, das den ganzen seichten Film trägt. Die Freundinnen begucken die neue, unausstehlich selbstverliebte Renee, als ob sie den Verstand verloren hat, fragen aber nie so richtig nach. Die fragen nie: Was hat dich denn bloß so verändert? Auch alle anderen um Renee herum sind offenbar schlicht viel zu höflich, um auch nur ansatzweise Verwunderung oder leichte Indignation zu äußern, wenn Renee die eigene, umwerfende Schönheit besingt. Sogar Naomi Campbell wird nicht deutlich genug. Warum Renee eine grässliche und hektische Aufschneiderin werden muss, bloß weil sie glaubt, neuerdings einem Supermodel zu gleichen, bleibt übrigens ebenso ungeklärt. Kurzum: Eine Handlung, die nur läuft, weil alle Mitwirkenden sich komplett unnatürlich verhalten, bringt mich regelmäßig dazu, den Bildschirm anzuschreien. Im Kino war das ja aber nicht möglich. Ich muss sagen, dass war alles ausgesprochen stressig für mich. Obendrein litt ich zwischendrin immer wieder unter üblen Ugly-Betty-Flashbacks.
Und was ist jetzt eigentlich der verdammte Punkt?
Renee, die glaubt, nun für alle Welt sichtbar normschön zu sein, aber es gar nicht ist, wird allein durch diese innere Veränderung kühner, selbstsicherer und damit auch in der Außenwelt erfolgreicher - im Beruf (bei einer Kosmetikfirma) und bei Männern. Besonders bei Männern. Und sie traut sich, an einer Schönheitskonkurrenz teilzunehmen und sich auf der Bühne Wasser über das T-shirt zu schütten.
Fazit wäre dann vermutlich wieder das gute, alte "Liebe dich selbst, ändere deine Einstellung, und dann wird alles gut". Wir haben es ja angeblichh selbst in der Hand, wie uns die Welt begegnet. Und wir sind selbst verantwortlich, zuständig und selbst schuld, wenn's doch nicht gut läuft. Als Beweis muss im Film ein Model mit Selbstzweifeln und Beziehungsproblemen herhalten. Die kriegt ihr Leben trotz perfekter Hülle nicht auf die Reihe. Das ist ein echt uralter, abgegrabbelter Hut und außerdem eher nicht zutreffend als doch. Außerdem wird die bloße Gültigkeit sowie die Notwendigkeit/Wichtigkeit von Körpernormen und Schönheitsstandards mal wieder nicht in Frage gestellt.
Der Film ist, wie gesagt, eine Enttäuschung.
Aber nicht aus den Gründen, aus denen Amy Schumer und ihr "neuer Film" nach seinem Erscheinen im Internet shitstormartig kritisiert wurden. Dort warf frau ihr vor, dass sie selbst zu normattraktiv sei, um die Rolle überhaupt zu spielen, denn wenn so jemand wie sie sich wegen ihres Aussehens angeblich so fertig macht, was sollen denn dann bitteschön erst die machen, die noch viel weniger ins Schema passen? Sie fanden also, Amy Schumer sei nicht "hässlich" genug, um sich glaubwürdig im eigenen Körper schlecht zu fühlen - und betrieben damit unterschwellig und auf regelrecht idiotische Weise Bodyshaming. Offenbar gab es (auch mal wieder) in ihrer Welt, Körper, deren Inhaberinnen sehr wohl gute Gründe hätten, sich ihres Aussehens wegen mies zu fühlen. Aber der von Amy Schumer gehört (noch) nicht dazu. Nun könnte man sich natürlich fragen, wo genau da die Grenze verläuft. Ab wann sollte ich mich denn unzulänglich fühlen dürfen? Wie sähe ich denn dann aus? Nun...bei meinem Gewicht würden mir die verwirrten Kritikerinnen von Amy Schumer wahrscheinlich mehr Verständnis in dieser Hinsicht entgegenbringen. Natürlich demonstriert diese Art der Kritik aber auch nur wieder die unlösebare Verhaftung der meisten Leute im Glauben an die Bedeutung und und Gültigkeit von Schönheitsstandards. Sie sollten alle nachsitzen. Und tausendmal "Schönheitsnormen schaden allen Menschen" an die Tafel schreiben.
NH
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